Mittwoch, 11. April 2012

GeschlechterWechsel

Ich bin für die weitestgehende Freiheit.


Weitestgehend bedeutet, so weit, dass diese Lebendigkeit noch mit allen Gefühlen (Innen) und Empfindungen (nach und von Aussen) und allen Bewegungs- und Handlungs-Möglichkeiten er-Lebbar ist.

Das braucht Frieden.
Die brutale Aggression und ungehemmte Gewalt gegeneinander, zwingen zu Grenzen und wie wir Alle wissen, behindern Grenzen die Freiheit.
Die weitestgehende Freiheit braucht also, um zu entstehen und zu wachsen, die Beruhigung und die Veränderung (die Heilung?) der Ursachen von verletzender Aggression und brutaler Gewalt im noch bestehenden Gegeneinander. Also eine Änderung hin zu einem aufrichtig zuneigenden Mit-Einander. Von wechselseitiger Transparenz und Gleich-Wertigkeit und ein paar weiteren VerhaltensWürden noch zu schweigen.

Diese weitestgehende Freiheit bedeutet, dass Wir Menschen die Gesamtheit unseres DaSein überprüfen und im Rahmen der Natur - und dieser Rahmen ist Riesengross, Wir füllen nur einen winzigen Bereich dieses Rahmens aus - auch zu Veränderungen und steter NeuAnpassung an veränderte Gegebenheiten bereit sind.

Ich gebe zu, das unvorbereitetes Leses sprengt das vielleicht erst einmal das Vorstellungsvermögen, deshalb möchte ich ganz langsam weitermachen. Das unter dem Gemälde Folgende ist ein Kommentar, den ich in einem FAZ-Blog Mitte November 2011 zum Thema "NetzFeminismus" geschrieben habe, es geht mir dabei um die Frage: Hängt Jedes Selbst an einem Geschlecht fest?

Klar gibt es schon Heute die Gelegenheit das Geschlecht operativ einigermassen zu ändern, aber eben nur einigermassen und mit grossen Schmerzen und ziemlicher Ausgrenzung und nur mässig verborgenem Unverständnis durch das Umfeld.
Wie wäre es also, den Sex ohne operativen Eingriff und nach persönlichem Belieben zu wechseln, wann und sooft Eines das wünscht?
Der Kommentar kreist aber erst mal um die Geschlechter-Gerechtigkeit und hebt dann erst ab, das ist vielleicht auch angenehmer so:
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Piet Mondrian, "Evolution"
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Könnte es sein, dass Wir (Menschen) die GleichHeitsFrage erst geklärt haben, wenn auch u.a. die ZeugungsFrage geklärt ist? Was hat den leichteren Part bei der Zeugung, was hat den leichteren Part beim Austragen des Nachwuchses und, was hat das grössere Vergnügen daran, dem Nachwuchs nahe zu sein? Was für eine Rolle, bei den GeschlechterRollen spielt die Biologie? Was für eine Rolle spielt die Verschiedenheit des biologischen Ausbaus von Mann und Frau, bei der Ausgestaltung der Gesellschaft?

Wenn Wir wirkliche Gleichheit im Umgang, in der Verteilung der Macht/Einfluss (auf welcher Ebene und in welchem Bereich auch immer), der Aufgaben, der Lust, ..., erreichen wollen, müssen Wir an die Biologie.

Aber noch trauen Wir uns noch nicht einmal daran zu denken, die Geschlechter und damit die verschiedenen "Rollen" innerhalb der Spezies Mensch anders zu gestalten, geschweige denn, sie zu ändern, also die Ausgestaltung der Spezies zu ändern und damit auch die Aufgaben und Eingaben fairer zu verteilen.

Mann und Frau sind in den Körpern und damit auch in den Köpfen festzementiert, daran wird dann mehr oder weniger erfolgreich herumgezimmert ... bis zu einem bestimmten Bereich.
Ja, Wir in das EU, haben es mit der "Gleichberechtigung" weit gebracht, zugegeben, nach etlichen Fürstinnen und Königinnen, hat auch D eine Kanzlerin, aber der Rest schwänzelt um diese herum.

Tja, Was möchte weiterhin FRAU sein und Was möchte unbedingt MANN bleiben? Na, reizen Sie mal ein wenig die Phantasie und die Kraft der Vorstellung und imaginieren eine Spezies in der die Geschlechter wechseln und keine "Rolle" mehr SPIELT, was Eines für ein Geschlecht ist, wie Es aussieht oder woher Es kommt.

Spielen Sie weiter Vergangenheit oder nutzen Sie die Gelegenheiten, die Wir (Menschen) inzwischen aus der Natur an Veränderungs-Möglichkeiten angeboten bekommen?

Weiter Bitte, denken Sie weiter, als nur bis Jetzt und keine Angst, alles wird gut, denn: Wir (Menschen) gestalten das mit! Dass Wir nur gestaltet werden, damit ist es vorbei, ist das nicht grossartig!? Also, was möchten Sie Morgen sein, noch immer Mann oder Frau? Na gut, Sie vielleicht. Wie langweilig, immer dasSelbe.
Ich bin dann mal Frann und übermorgen Mau und dann ... 

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Des weiteren ein Beitrag, den ich im März 2012 in der "SprechLichtung" eingestellt habe, der auch um dieses Thema kreist:

Vor ein paar Monaten schrieb ich einen Kommentar im FAZ-Blog (das ist der obere), in dem ich meine Vorstellung einer geschlechtsunabhängigen Zukunft skizzierte, in der Jedes Mensch frei ist ein Geschlecht zu wählen oder keines, und dementsprechend zu leben, dauerhaft oder in wechselnden Sexen, so wie Es gerade lustig ist, ich beschrieb es als Übergangsstadium, bis Geschlechter unwichtig geworden sind und damit auch deren spezielle Färbungen und Verhaltensweisen.

Das war ein Wunsch und ein Gedankenspiel, das in ferner Zukunft schien, oder -  so wie Wir Menschen jetzt eingestellt und gebaut sind -, sogar unmöglich, aber es gibt den Wunsch nach Aufhebung dieser, durch den Zufall bei der Zeugung aufgeprägten (aufgezwungenen?) Äusser- und Innerlichkeiten und Lebensmodelle; so wie Mensch und damit das DaSein vom Grunde her, nach BeFreiung aus allem Bestehenden und dem Ursprünglichen strebt. Also auch nach Erweiterung der Einengung auf ein Geschlecht, zwei Geschlechter, drei Geschlechter, vier ... bis eben auch diese Verhaltensweise ausgereizt ist und das DaSein sich Neuem zuwendet.

Ein kleines Zeichen, dass es in diese Richtung weitergeht, kam diese Woche aus Schweden zu mir, "überbracht" von der Süddeutschen Zeitung, vom 15.03.2012 und nun auch vor Sie hingestellt:

Titel der PrintAusgabe: Ist der Schwede ein Mensch?

Von Thomas Steinfeld

Untertitel (von mir etwas anders zusammengestellt): Zuerst die Frau, dann der Mensch: Mappa, Pamma und Kind; Im Norden hat der Streit um eine geschlechtsneutrale Sprache und das neue Personalpronomen "hen", die Spitzen der Politik erreicht und es stellt sich die Frage, ob volkspädagogische Bevormundung die Gesellschaft verändert.

Ende Januar ist in Schweden das erste Kinderbuch in geschlechtsneutraler Sprache erschienen. "Kivi" heißt das Kind, um das es in diesem kleinen Werk von Jesper Lundqvist und Bettina Johansson geht (Olika Verlag, Stockholm 2012), und weil "Kivi" sich einen Hund wünscht, aber nicht sofort bekommt, entsteht eine kleine Geschichte in Reimen. Das alles ist sehr heiter und angemessen skurril, hätte aber nie die große Aufmerksamkeit erreicht, die es jetzt erhielt, wäre in diesem Buch nicht konsequent das neue Personalpronomen "hen" verwendet worden. In ihm sollen "hon" ("sie") und "han" ("er") zusammenfallen, wobei selbstverständlich auch die konjungierten Formen "hens" für den Genitiv und "henom" für die Objektform dazugehören. Seitdem geht eine öffentliche Auseinandersetzung um die Sprache als Medium sexistischer Vorurteile durch das Land.
Für eine "neue Methode, Gleichberechtigung zu erreichen", erklärte Nyamko Sabuni, Schwedens Ministerin für Integration und Gleichstellung, das kleine Wort, während Maud Olofsson, die bekannteste Politikerin der Zentrumspartei, befürchtet, das Pronomen "hen" werde Kindern die Geborgenheit rauben.
Wenn es ein Land auf der Welt gibt, in dem eine solche Initiative Erfolg haben könnte, dürfte es Schweden sein. Das liegt zum einen an der Sprache: Der Unterschied zwischen Maskulinum und Femininum, dem im Deutschen Substantive (und Artikel) unterworfen werden, ist im Schwedischen im Utrum aufgehoben, in einer Form für beide Geschlechter (daneben gibt es, wie im deutschen, ein Neutrum). Die Differenz macht sich nur bei den Pronomen geltend, so dass sie tatsächlich ein möglicher, weil kleiner und fest umrissener Gegenstand einer Sprachreform sein könnten - zumal die Objektform (also Dativ und Akkusativ) ohnehin gerade verschwindet.
Zum anderen liegt es an den sozialen und politischen Bedingungen für den Umgang mit der Sprache in Schweden: Es gab dort schon einmal, und ebenfalls aus Gründen der Gleichbehandlung, eine Sprachreform: und zwar in den späten sechziger und frühen siebziger Jahren, als, unterstützt von staatlichen Institutionen, die Anrede "Ni" ("Sie") aufgegeben und durch das allgemeine "du" als Ausdruck von Freiheit und Gleichheit ersetzt wurde, mit Erfolg.

Vor ein paar Jahren erschien in Schweden ein Buch, das solche Verbindungen von staatlicher Aufsicht und dem individuellen Anspruch auf Selbstbestimmung für etwas spezifisch Schwedisches erklärte. "Är svensken människa?" ("Ist der Schwede ein Mensch?", 2006) heißt dieses Werk des Journalisten Henrik Berggren und des Historikers Lars Trädgårdh, in dem die Schweden so definiert werden: "eine pragmatische Gemeinschaft, in der man einander wohlgesonnen ist, ein starker, aber kalter Staat und autonome, geschlechtslose, zeitlose und gleichgestellte Bürger".

Weiblichkeit als Nachteil

Anders gesagt: das "hen" soll dazu dienen, den wahren Menschen von seiner Bestimmung als Geschlechtswesen zu befreien - was selbstverständlich vor allem den Frauen zugutekommen soll, die ihre Weiblichkeit als Nachteil in der Konkurrenz um Geld und Macht erfahren müssen.
Wenn es also im Kinderbuch um Kivis Eltern geht, dann heißen sie aus diesem Grund "Mappa" und "Pamma". Das ist nur scheinbar lustig, denn dahinter droht ein erhebliches Maß an volkspädagogischer Bevormundung und Selbstgerechtigkeit. Henrik Berggren und Lars Trädgårdh würden hingegen darin die Absicht erkennen, dem eigentlichen Menschen mit den Mitteln eines radikalen Etatismus zu seinem Recht zu verhelfen.
Diese Idee hat in Schweden eine lange Tradition: Als die Sozialdemokraten in den frühen dreißiger Jahren an die Macht kamen, entwickelten sie, beflügelt durch die Pamphlete des Ökonomen Gunnar Mrydal und seiner Frau Alva, einer Pädagogin, weitreichende Ideen, zuerst die Frau und dann den Menschen als solche mit den Mitteln der Sozialtechnik von seinen persönlichen Abhängigkeiten zu lösen.
Diese Ideen wurden sogar gebaut, etwa in Gestalt des Stockholmer Kollektivhauses, in dem es zwar Wohnungen für Familien gab, die Küchen aber, vor allem zum Wohle der Frau, auf ein äußerstes Minimum reduziert waren - gegessen (und gewaschen) wurde für das Kollektiv, von eigens dazu bezahlten Menschen (in denen sich dann die Klassengesellschaft fortsetzte, die innerhalb des Kollektivs aufgehoben sein sollte).
Die Familie, und überhaupt jede Form der persönlichen Abhängigkeit, galt hier allenfalls noch als Übergangsform auf dem Weg zu einer Gesellschaft, in der es zwischen dem Einzelnen und dem Staat keine weiteren sozialen Instanzen mehr geben durfte, weil sie - die Ehe, die Familie, die Gruppe - den Einzelnen an seiner Entfaltung hinderten. Er, der Staat, sollte dagegen gleichermaßen Instrument der Aufsicht wie der Befreiung sein.
Vor kurzem ist, herausgegeben von Marta Kuzma und Pablo Lafuente, die ebenso voluminöse wie beeindruckend anachronistische Anthologie "Whatever Happened to Sex in Scandinavia" (Koenig Books, London 2011) erschienen. Darin ist ein Interview abgedruckt, das Vilgot Sjöman, der Regisseur des Films "Ich bin neugierig - Gelb" (1967) - das war eines der großen Skandalwerke des sechziger Jahre - dem amerikanischen Kritiker John Lahr gab: "Ich hatte das Gefühl", erklärt Sjöman darin, dass der Film "die schwedische Gesellschaft porträtiert, so wie sie gerade lange geschlossene Türen öffnet . . . Die jungen Leute erkunden gegenseitig ihre Körper, sie sind neugierig, wie die Körper funktionieren."
Es ist, ganz offensichtlich, dass das "Du", das hier entdeckt werden soll, im Gegensatz zu einem "Sie" verstanden werden muss, das für die Welt der Traditionen und der Autoritäten, für die geschlossenen Türen der "Gesellschaft" steht. Oder anders gesagt: die staatlich garantierte Befreiung des einzelnen Menschen, die in Schweden in den dreißiger Jahren begann, hat hier das Kochen und Waschen längst hinter sich gelassen und ist zur Befreiung der Sexualität vorgedrungen. Im Nachhinein betrachtet, nimmt sich die filmisch dokumentierte Entfesselung des Körpers indessen weniger seltsam aus (komisch ist sie auch) als das anti-staatliche Pathos, mit dem diese Befreiung reklamiert wird.

Zum Scheitern verurteilt?

Es entbehrt nicht der Ironie, wenn das Personalpronomen "hen" heute dazu dienen soll, den sprachlichen Ausdruck eben jener körperlichen Unterschiede auszulöschen, denen damals die konzentrierte Neugier Vilgot Sjömans und seiner Darsteller galt. Das liegt daran, dass all diese Befreiungsideologien, eben weil sie staatlich garantiert werden, einer Dialektik unterliegen, die offenbar erst mit einiger Verspätung erkennbar wird.
Es gibt keine Befreiung der Frau, die sich nicht auch auf dem Arbeitsmarkt niederschlüge: in Gestalt der wachsenden Schwierigkeiten, eine Familie mit einem Einkommen zu ernähren. Für die damit verbundenen Anstrengungen soll das "hen" die Frauen entschädigen, indem es mit den Mitteln der Sprache den tröstlichen Schein der Aufhebung aller Unterschiede von Mann und Frau erzeugt. Die Instanz aber, von der dieser Schein abstrahlt, ist der Staat, der ihn den Individuen verordnet.
Zum Scheitern verurteilt ist das Projekt einer geschlechtsneutralen Sprache wohl ohnehin - wie alle Bemühungen, die Welt an ihrem sprachlichen Ausdruck zu korrigieren. Denn wenn sich "Ausländer" erst in "Migranten" und dann in "Menschen mit Migrationshintergrund" verwandeln, verändert sich ja an deren Situation eher wenig. Und weil das so ist, weil also die Anstrengung, einen sozialen, ökonomischen oder politischen Gegensatz durch eine Sprachregelung aufzulösen, so hilflos ist, nutzen sich die jeweils neuen Ausdrücke bald ab und müssen durch wieder neue Formeln der Anerkennung ersetzt werden. Das gilt auch für "hen".
Ende Artikel

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