Sonntag, 8. Januar 2012

PoeSophie, Sprache und ein Gedicht

Aus einem Dialog.

Zur "Poesie": Die Poesie ist vom Ursprung her einfach "das tun", "das tätig sein", das griech. Verb "poieîn" hiess einfach 'machen, anfertigen, (schöpferisch) tätig sein', heute ist es fast nur noch gebräuchlich für die dichterische Kunst, steht aber auch für eine schwebende, feine, einfühlsame Kunstfertigkeit in allen anderen Künsten und Gewerken --> "Das ist poetisch".

Meine Meinung:

PoeSophie = Poesie + Philosophie vereint. Beides sind Abhängige der Sprache. Wirkl-ich-keits-ein- und Spracharbeiter. Hungrig nach Klarheit in der Lebendigkeit.
PoeSophie = das Wissen und das Wissen-wollen + die Phantasie (= die Kraft und die Möglichkeit des Irrealen und der Er-Klärung der Wirklichkeit).

Motto: "Wissen-schaf[f]t Freude". Hier geht es ganz ernsthaft um Sinn und Un-Sinn in der Wirklichkeit, also dem SEIN.
Gleichung: SEIN = RaumZeit + LEID + Viel Vergnügen!

Poesie entsteht nicht aus wahlloser Beliebigkeit und falschverstandener Freiheit, sondern wird dadurch behindert.

Manche sagen: "Poetische Sprache ist/bringt notwendigerweise immer auch eine Mehrdeutigkeit in die Themen/Beiträge, die meistens mehr verdunkelt als sie erhellt."

Nein, da bin ich ganz gewiss, das tut und möchte gute Poesie nicht.
Gute Poesie, Sie merken, ich mache Unterscheidungen, deckt auf, entblättert, entfernt zärtlich Schicht für Schicht, bläst den Staub vorsichtig wegg und präsentiert den Fund auf einer blanken, sauber geputzten Unterlage im allerbestem Licht: gute Poesie, weiss wovon sie spricht. Lesen Sie Heine, Schiller, Goethe, Shakespeare, Molière, etc.pp. Von den Poeten in den Naturwissenschaften und der Philosophie, wie Augustinus, Galileo, Bacon, Hume, Descartes, Nietzsche, Darwin, Schrödinger, Feynman ... ganz abgesehen.

Was manche sagen ist also bestenfalls schlechte "Poesie", ist wohl eher ein mässiges Gedicht, ein banaler Text, ein Krimi oder ein schlichter Roman. Dort wird gerne verdunkelt und verhüllt und unwissend herumgeschwätzt und hoppsassaundtrallalla ... Poesie benennt und umschreibt, versucht die Uninteressierten aufzuwecken und die Interessierten aufzuklären und mitzunehmen.

Ein Beispiel: "Wenn" von Rudyard Kipling

• Wenn du den Kopf behältst und alle anderen
• verlieren ihn und sagen: Du bist schuld!
• Wenn keiner dir mehr glaubt; nur du vertraust
• und du erträgst ihr Misstrauen in Geduld
• Und wenn du warten kannst und wirst nicht müde
• und die dich hassen dennoch weiter liebst,
• die dich belügen strafst du nicht mit Lüge
• und dich trotz Weisheit nicht zu weise gibst
• Wenn du dich nicht verlierst in deinen Träumen
• und du nicht ziellos wirst in deinem Geist
• wenn du Triumph und Niederlage hinnimmst,
• beide Betrüger gleich willkommen heißt
• Wenn du die Wahrheit die du mal gesprochen
• aus Narrenmäulern umgedreht vernimmst
• und siehst dein Lebenswerk vor dir zerbrochen
• und niederkniest, wenn du es neu beginnst
• Setzt du deinen Gewinn auf eine Karte
• und bist nicht traurig, wenn du ihn verlierst
• und du beginnst noch einmal ganz von vorne
• und sagst kein Wort was du dabei riskierst
• Wenn du dein Herz bezwingst und alle Sinne
• nur das tun was du von dir verlangst
• auch wenn du glaubst es gibt nichts mehr da drinnen
• außer dem Willen, der dir sagt: Du kannst!
• Wenn dich die Menge liebt und du bescheiden bleibst
• wenn du den König und den Bettler ehrst
• wenn dich nicht Feind noch Freund verletzen können
• und du die Hilfe niemanden verwehrst
• Wenn du in unverzeihlicher Minute
• Sechzig Minuten lang verzeihen kannst:
• Dein ist die Welt—und alles was darin ist—
• Und was noch mehr ist—dann bist du ein Mensch!

Wie geschrieben: "Poesie weiss, wovon Sie spricht/schreibt". Und Sie weiss es bis ins Detail, sie hat daran gerochen, daran geleckt, daran herumgezerrt und Es herumgeworfen, damit geschlafen und auch sonst viel Zeit damit verbracht, bis Es klar war, bis Es, was auch immer Es ist, so vertraut war/ist, das Es zum Poeten spricht, das Es die Poetin mag oder mit dem Poeten ein Bier trinkt, oft auch mehr (siehe dazu: "Zwischendurch mal was trinken ...").
Gute Poesie ist Gewissenhaftigkeit und Vertrautheit, ist Kunstfertigkeit, ist Hingabe, ist Schlaflosigkeit und der unbedingte Wunsch nach Klarheit und Wahrhaftigkeit, nach Enthüllung und Erklärung. Und jetzt sind Wir bei der Philosophie.

Wo die Poesie eher das Innere in den Empfindungsschein nimmt und die Beziehungen der Lebewesen zueinander ausleuchtet, befühlt und betastet, nimmt die Philosophie, mit ähnlichem Aufwand und Konzentration, das Aussen ins Blickfeld, das, was die vielen Innen ausserhalb der Haut umgibt, sie erschaffen hat und erhält, aber auch vergehen lässt.
Grob könnte man also sagen: Die Poesie ist Fragen nach DrInnen, die Philosophie ist Fragen nach DrAussen, aber es ist, wie es im DaSein nunmal ist, Alles ist mit Allem in meist noch unerkannter Weise verbunden und verwoben und Alles und Alle sind mehr oder weniger offen, also sind auch Poesie und Philosophie ineinander verwoben und wechselweise aufeinander bezogen.
Deswegen widmete sich die gute Poesie auch mal einer Glocke, weil sie zwar Aussen ist, aber doch das Innere sehr berührte. ..te, denn Wen berührt Heute noch eine Glocke, zumindest nicht mehr so, so kraftvoll und so schwärmerisch und so ausführlich. Und deshalb haben sich auch viele Philosophen so eindringlich mit der Innerlichkeit beschäftigt, weil sie eben vor allem Innen sind, vom Aussen "nur" berührte.

Noch einmal zur Philosophie: Philosophie ist die ernsthafte, konzentrierte, liebe- und respektvolle Befragung des DaSeins im SEIN, es ist die vorsichtige Auseinandersetzung in und mit der Lebendigkeit im SEIN, sie braucht grosse Aufmerksamkeit und Hingabe nach DrAussen in die enormen Weiten der Umgebung, somit auch für ALLE Mit-Lebewesen und andere Existenzformen, sowie eine ebenso intensive Einfühlung und Wahrnehmung ins Drinnen, also in das Selbst des Suchenden, auf der Suche nach Antworten auf die Fragen nach der Substanz des SEIN, nach der Ursache des SEIN, (darauffolgend) der Ursache des DaSeins, nach dem Sinn des SEIN und ALLEM was daraus folgt und darin geschieht und noch einiger umfangreicher Fragen mehr. Viele Menschen haben zur Beantwortung der Fragen bereits grosse Vorarbeit geleistet und Uns schon reichlich mit Teilen der Antworten befüllt oder zumindest angeboten. Mit Hilfe aller unserer technischen Entwicklungen, aber vor allem mit kräftigem Anschub durch Unser DaSein sorgt die Natur und das SEIN weiterhin dafür, das die Antworten gefunden werden.

Nebenbei: Kein einziges Wort von Oliver-August Lützen-mir ist nur geschrieben, weil es so schön ist oder gerade mal so r-eingefallen ist oder sonstwie nur so rumpullert, gerade im Weg steht, irgendwie Schiller-t oder der Masse dient. Jedes Wort ist mit grosser Sorgfalt ausgewählt und mit bedacht genau da eingesetzt worden, wo es am stimmigsten ist und passt.

ABER! Was Oliver-August Lützenich in den Texten zur Sprache und auch sonst beklage, lebe Oliver-August Lützenich noch selbst und oft genug. Der Idealist hat noch stets das Ideal verfehlt. Auch das ist Wirklichkeit. 

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