Samstag, 17. August 2013

Gedichts-Feld

Ein paar Gedichte gefälligst!

Mir war Heute so nach Dichten, nach dichten Gedichten, nach reimendem Wort, an kaum einem ungewöhnlicheren Ort. Seien Sie verzückt!

Ein paar davon werden die längeren Leses schon aus einem anderen Beitrag kennen, aber das meiste ist erst Heute hinzugefügt, aber schon ziemlich lange bekannt.

Ein wenig DaDa und ein wenig Alltagsklugheit, gemischt mit Fo/örderndem.
Viel Genuss beim [wieder]lesen.
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Ist diese Stimmung am Landwehrkanal
in Berlin-Tiergarten ein Gedicht?
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Heimito von Doderer (1896 - 1966): "Ganze Sachen sind immer einfach wie die Wahrheit selbst. Nur die halben Sachen sind kompliziert."

Hans Arp (1887 - 1966):



Opus Null


1

Ich bin der große Derdiedas 
das rigorose Regiment 
der Ozonstengel prima Qua 
der anonyme Einprozent.
Das P. P. Tit und auch die Po 
Posaune ohne Mund und Loch 
das große Herkulesgeschirr 
der linke Fuß vom rechten Koch.

Ich bin der lange Lebenslang 
der zwölfte Sinn im Eierstock 
der insgesamte Augustin 
im lichten Zelluloserock.

2

Er zieht aus seinem schwarzen Sarg 
um Sarg um Sarg um Sarg hervor. 
Er weint mit seinem Vorderteil 
und wickelt sich in Trauerflor.
Halb Zauberer halb Dirigent 
taktiert er ohne Alpenstock 
sein grünes Ziffernblatt am Hut 
und fällt von seinem Kutscherbock.

Dabei stößt er den Ghettofisch 
von der möblierten Staffelei. 
Sein langer Würfelstrumpf zerreißt 
zweimal entzwei dreimal entdrei.

3

Er sitzt mit sich in einem Kreis. 
Der Kreis sitzt mit dem eignen Leib. 
Ein Sack mit einem Kamm der steht 
dient ihm als Sofa und als Weib.
Der eigne Leib der eigne Sack. 
Der Vonvon und die linke Haut. 
Und tick und tack und tipp und topp 
der eigne Leib fällt aus der Braut.

Er schwingt als Pfund aus seinem Stein 
die eigne Braut im eignen Sack. 
Der eigne Leib im eignen Kreis 
fällt nackt als Sofa aus dem Frack.

4

Mit seiner Dampfmaschine treibt 
er Hut um Hut aus seinem Hut 
und stellt sie auf in Ringelreihn 
wie man es mit Soldaten tut.
Dann grüßt er sie mit seinem Hut 
der dreimal grüßt mit einem du. 
Das traute sie vom Kakasie 
ersetzt er durch das Kakadu.

Er sieht sie nicht und grüßt sie doch 
er sie mit sich und läuft um sich. 
Der Hüte inbegriffen sind 
und deckt den Deckel ab vom Ich.

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Kurt Schwitters (1887 - 1948):

Kleines Gedicht für große Stotterer (um 1934)

Ein Fischge, Fisch, ein Fefefefefischgerippe
Lag auf der auf, lag auf der Klippe.
Wie kam es, kam, wie kam, wie kam es
Dahin, dahin, dahin?

Das Meer hat Meer, das Meer, das hat es
Dahin, dahin, dahingespület,
Da llllliegt es, liegt, da llllliegt, llliegt es
Sehr gut, sogar sehr gut!

Da kam ein Fisch, ein Fefefefefisch, ein Fefefefefefe-Fefefefefefe-
(schriller Pfiff) feFe feFe feFe feFefischer,
Der frischte, fischte frische Fische.
Der nahm es, nahm, der nahm, der nahm es
Hinweg, der nahm es weg.

Nun llllliegt die, liegt, nun llliegt die Klippe
Ganz o o o ohne Fischge Fischgerippe
Im weiten, weit, im We Weltenmeere
So nackt, so fufu furchtbar nackt.

... und ebenso Kurt Schwitters:

An Anna Blume

Oh Du, Geliebte meiner 27 Sinne, ich liebe Dir!
Du, Deiner; Dich Dir, ich Dir, Du mir, - - - - wir?
Das gehört beiläufig nicht hierher!

Wer bist Du, ungezähltes Frauenzimmer, Du bist, bist Du?
Die Leute sagen, Du wärest.
Laß sie sagen, sie wissen nicht, wie der Kirchturm steht.

Du trägst den Hut auf Deinen Füßen und wanderst auf die
Hände,
auf den Händen wanderst Du.

Halloh, Deine roten Kleider, in weiße Falten zersägst,
Rot liebe ich, Anna Blume, rot liebe ich Dir.
Du, Deiner, Dich Dir, ich Dir, Du mir, - - - - - wir?
Das gehört beiläufig in die kalte Glut!
Anna Blume, rote Anna Blume, wie sagen die Leute?

Preisfrage:
1.) Anna Blume hat ein Vogel,
2.) Anna Blume ist rot.
3.) Welche Farbe hat der Vogel.

Blau ist die Farbe Deines gelben Haares,
Rot ist die Farbe Deines grünen Vogels.
Du schlichtes Mädchen im Alltagskleid,
Du liebes grünes Tier, ich liebe Dir!
Du Deiner Dich Dir, ich Dir, Du mir, - - - - wir!
Das gehört beiläufig in die - - - Glutenkiste.

Anna Blume, Anna, A - - - - N - - - -N- - - - -A!
Ich träufle Deinen Namen.
Dein Name tropft wie weiches Rindertalg.

Weißt Du es Anna, weißt Du es schon,
Man kann Dich auch von hinten lesen.
Und Du, Du Herrlichste von allen,
Du bist von hinten und von vorne:
A - - - - - - N - - - - - N - - - - - -A.
Rindertalg träufelt STREICHELN über meinen Rücken.
Anna Blume,
Du tropfes Tier,
Ich - - - - - - - liebe - - - - - - - Dir!
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David Shrigley, "Please, STOP"
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ZwischenRede:
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"Willst Du Dein Land verändern,
verändere Deine Stadt.
Willst Du Deine Stadt verändern,
verändere Deine Straße.
Willst Du Deine Straße verändern,
verändere Dein Haus.
Willst Du Dein Haus verändern,
verändere Dich selbst."
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Arabisches Sprichwort 
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In diesem Teil dieses Gedichts-Beitrages geht es, wie oben bereits anklang, um Veränderung, um den Wandel, der entweder nötig ist, oder behindert wird, insbesondere der Sprache; und um die Normalität und Unbedingtheit der Verzögerung von Veränderung.

Denn, ich persönl*ich weiss, dass Veränderung auch Verhinderung braucht, sonst geht Alles zu schnell und dieses Universum oder auch nur ein Lebewesen darin verpuffen, ohne Verzögerung, aber Was (Sie + Er + als Was ein-Es auch immer daSein möchte = das Was ist) allzu sehr behindert verpufft ebenso, dafür eben langsam[er].

Sie, wie *ich wissen, es geht um das Tempo, um das richtige Mass der Veränderung und das versuche ich hier und Heute für mich zu finden, also weder zu schnell noch zu langsam verpuffen.

Ein paar Zitate, einen Auszug aus der Sprachforschung und einen persönlichen Text möchte ich hier präsentieren.

Das erste Zitat kennen Sie wahrscheinlich zum Überdruss, es ist bestimmt in jedem Firmen- oder VereinsSeminar als VorRede oder PausenText zu geplanten Verbesserungen und / oder Veränderungen zu finden, aber trotzdem hier noch einmal vor mich und Sie hingepinnt:

"Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen."
Chinesisches Sprichwort

Tja, die Meisten werden wohl über die, die Mauern bauen meckern, und das, obwohl sie meist selbst zu denen zählen, die diese Mauern bauen. Warum auch nicht. Ohne unsere Haut, also ohne unsere ganz persönlichen, privaten, so durchlässigen Mauern, wären Wir NICHT, sondern wäre nur ein WellenGemisch, erst die "Mauern" haben die Lebendigkeit mitbegründet, also gilt es auch sie zu beachten und im Rahmen einer Selbst-Bewussten und friedlichen Art und Weise zu verändern. Auf das die Lebendigkeit dabei mitkommt und erhalten bleibt, oder?
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Die beiden folgenden Zitate gehören zusammen, ich habe sie zum Schmunzeln zusammengestellt, aber Sie können dabei auch nur wundern?
1. -->"Jede Generation braucht eine neue Revolution."
Thomas Jefferson, der 3. Präsident der USA und einer deren Begründer. 
2. -->"Die radikalsten Revolutionäre werden einen Tag nach der Revolution Konservative."
Hannah Arendt, Philosophin
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Ach ja, Was Mensch hat, möchte Mensch auch behalten, was Mensch geschaffen hat, möchte Mensch auch bewahren. Somit ist jede Revolution ein Hausbau, ein NeuhausBau, vielleicht auch "nur" eine Renovierung und das danach ist ein Einwohnen und Einrichten.
Mensch, Wir sind so Normal, Wir sind so natürlich und so alltäglich, obwohl Wir das meist gar nicht wissen und Uns immer für ->so was!<- besonderes halten. Aber weiter.
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"Wenn ich die Menschen gefragt hätte, was sie wollen, hätten sie gesagt, schnellere Pferde."
Henry Ford, den Mit-Entwickler der modernen FliessbandFertigung kennen Sie Alle, oder? Und, wenn Sie nach diesem Satz nicht schallend lachten, sollten Sie nach Ihrem Humor suchen. Verzeihung!
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Man entdeckt keine neuen Erdteile, ohne den Mut zu haben, alte Küsten aus den Augen zu verlieren.
André Gide, französischer Schriftsteller und einer meiner Favoriten.
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In einem wankenden Schiff fällt um, wer stillsteht und sich nicht bewegt.
 Ludwig Börne, deutscher Dichter.
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"Man kann die Welt oder sich selbst ändern. Das Zweite ist schwieriger."
Mark Twain.
Da klingt auch das Arabische Sprichwort vom Anfang an.
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Und was hat Britanniens berühmtester Dichter zur Veränderung, insbesondere zur Veränderung der Sprache, um die es ja hier hauptsächlich geht,  zu schreiben gehabt:
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Sonett Nr. 76

»Why is my verse so barren of new pride,
So far from variation or quick change?
Why with the time do I not glance aside
To new-found methods and to compounds strange?
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Why write I still all one, ever the same,
And keep invention in a noted weed,
That every word doth almost tell my name,
Showing their birth and where they did proceed?
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O, know, sweet love, I always write of you,
And you and love are still my argument;
So all my best is dressing old words new,
Spending again what is already spent:
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For as the sun is daily new and old,
So is my love still telling what is told.«
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William Shakespeare (1564 - 1616)
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Hier noch nur zwei der vielen Übersetzungen und Interpretationen dieses Sonetts:
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»Was ist so arm an Neuheit mein Gedicht,
Statt wechselnd nach der Mode sich zu schmücken?
Warum versuch' ich's wie die Andern nicht,
Prunkvoll, gespreizt und neu mich auszudrücken?
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Warum trägt mein Gedanke immerfort
Ein und dasselbe Kleid, schlicht und gewöhnlich,
Daß ich leicht kennbar bin, fast jedes Wort
Auf seinen Ursprung zeigt, auf mich persönlich?
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O wisse, süße Liebe, immer sing' ich
Von Dir allein, Du meines Liedes Leben!
Mein Bestes neu in alte Worte bring' ich,
Stets wiedergebend, was schon längst gegeben.
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Denn wie der Sonne Auf- und Untergang:
Alt und doch täglich neu ist mein Gesang.«
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Übersetzt von Friedrich Bodenstedt (1866)
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und:
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»Was ist mein vers an neuer pracht so leer ·
Von wechsel fern und schneller änderung?
Was schiel ich mit der zeit nicht auch umher
Nach neuer art und seltner fertigung.
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Was ich nur stets das gleiche schreib · das eine ·
Erfindung halt im üblichen gewand?
Dass fast aus jedem wort mein name scheine ·
Die herkunft zeigend und wie es entstand?
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O süsses lieb · ich schreibe stets von dir
Und du und liebe · ihr seid noch mein plan . .
Mein bestes:  altes wort in neuer zier:
Dies tu ich immer · ists auch schon getan.
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So wie die sonne täglich alt und neu
Sagt meine liebe schon gesagtes treu.«
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Übersetzt von Stefan George (1909)
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Und nun zum guten Schluss ein paar Worte zur Veränderung und der möglichen Gründe zur Verweigerung, von einem der besten deutschsprachigen Dichter und Sprachsetzer:

»Ich habe, aufrichtig gesagt, eine fürchterliche Angst vor der Reise, natürlich nicht gerade vor dieser Reise und überhaupt nicht nur vor der Reise, sondern vor jeder Veränderung; je grösser die Veränderung ist, desto grösser zwar die Angst, aber das ist nur verhältnismässig, würde ich mich nur auf allerkleinste Veränderungen beschränken - das Leben erlaubt es allerdings nicht -, würde schliesslich die Umstellung eines Tisches in meinem Zimmer nicht weniger schrecklich sein als die Reise nach Georgental. Übrigens nicht nur die Reise nach Georgental ist schrecklich, auch die Abreise von dort wird es sein. Im letzten oder vorletzten Grunde ist es ja nur Todesangst. Zum Teil auch die Angst, die Götter auf mich aufmerksam zu machen.«
Franz Kafka, in einem Brief an Oskar Braun, 1922.
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Falls Sie nach ein paar kurzen Sätzen zum aktuellen Stand der Sprach-Forschung und zum Sprach-Wandel suchen, so finden Sie sie auch in den Weiten von WikiPedia, hier nur zwei Links:
und
http://de.wikipedia.org/wiki/Sprachwandel
Danke.

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