Mittwoch, 3. April 2013

Das Mensch um das Gehirn

Das jeweilige Gehirn im jeweiligen Körper. Das "ZentralOrgan"?

Nun, *ich befrage das Gehirn, in *mir, ob es nicht vielleicht zu wichtig nimmt, was es für das Ganze is[s]t und dafür tut, und schüttle es dabei etwas durch, damit es endlich mit einer Antwort herausrückt, weil *ich diese Frage ja nun schon so lange stelle und langsam kommen so ein paar Bröckelchen, die Mensch fast für eine Antwort halten könnte, aus dem Gehirn heraus, das jedes Lebewesen auch ist, wie jedes Lebewesen eben auch Haut und Herz und Leber und Magen und Darm und ... ist, manchmal ist das auch alles in eine einzige Zelle verpackt und das "Herz" sind ein paar Proteinketten, wie z.B. in Viren und Bakterien, und das "Hirn" ist ein zentraler Bereich der DNS, aber immerhin ein zentraler.

[M]ein Gehirn "sagt" in *mir, es ist wichtig, so wichtig wie die Niere und der Darm und die Lunge, vielleicht etwas wichtiger als der Musculus biceps femoris oder der Musculus iliopsoas und vielleicht auch etwas wichtiger, nur etwas, wie der SolarPlexus, aber eigentlich ist es ein gleichwertiges Organ und seine Fähigkeiten sind trainierbar und deshalb ausbaubar, vergleichbar mit einem der vorgenannten Muskeln. Mein Gehirn und damit auch *ich scheuen vor Übertreibungen zurück, wie jedes nervöse vorsichtige Lebewesen, aber ...

Das (mein!) Gehirn gibt auch zu, dass es sehr lange vernachlässigt wurde, dass es unter Wert ge- und behandelt wurde und es nun auch geniesst, im Moment soviel Aufmerksamkeit aus allen Richtungen zu erkennen. Aber ich (Gehirn?) übe daran auch Kritik, wie Sie vielleicht schon öfter hier erlesen haben, bin aber auch bereit dazu zu lernen.

Deshalb lasse *ich einen sehr bekannten Neurologen auch hier in diesem Blog eine EhrenRede halten, für einen jungen Mit-Forscher, um das und dabei auch mein Gehirn weiter auszuleuchten und abzuwägen, und mittenhinein stelle *ich meine persönlichen Betrachtungen und Befühlungen zur Herkunft und zum Inhalt und der Bedeutung des Wortes [Ge]Hirn.
Ihr Gehirn wird es freuen, oder?
.
Auch dieses schöne LebeWesen
ist ein Gehirn
.
»Laudatio von Professor Dr. Wolf Singer anlässlich der Verleihung des Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Nachwuchspreises 2013 an Dr. James Poulet in der Paulskirche, Frankfurt am Main, 14. März 2013.

"Der diesjährige Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter Nachwuchspreis wird Dr. James Poulet für seine herausragenden Arbeiten auf dem Gebiet der Neurobiologie zuerkannt. Damit wird zum dritten Mal seit der ersten Verleihung dieses Nachwuchspreises im Jahre 2006 eine Forscherpersönlichkeit geehrt, die sich der Hirnforschung widmet. Dies reflektiert die ungewöhnliche Ausweitung dieses Forschungsfeldes innerhalb des letzten Jahrzehnts – eine Beschleunigung, die sich genau den Forschungsansätzen verdankt, die unser Preisträger vertritt. Hirnforscher gehen davon aus, dass alle mentalen Leistungen auf neuronalen Prozessen beruhen, dass also nicht nur neurologische sondern auch psychische Erkrankungen durch Fehlfunktionen neuronaler Netzwerke verursacht werden. Weil Erkrankungen des Nervensystems nach wie vor zu den großen ungelösten medizinischen und damit auch gesellschaftlichen Problemen zählen und weil die Medizingeschichte lehrt, dass Aufklärung von Mechanismen Voraussetzung für die Entwicklung kausaler Therapien ist, verbinden sich Heilserwartungen mit der Hirnforschung, - und das zu Recht, auch wenn so manche Hoffnung, zum Teil mit Zutun der Zunft und von den Medien verstärkt, gelegentlich zu früh geweckt wurde. Dies und die vielfältigen Konsequenzen der Hirnforschung für unser Menschenbild begründen, warum ihr gegenwärtig so viel Aufmerksamkeit entgegengebracht wird – was ihr nicht immer gut tut. Die wahren Gründe für die rasche Expansion der Neurowissenschaften liegen jedoch woanders. Sie sind wissenschaftsimmanent.
Forscher wie James Poulet suchen dort, wo Licht ist und Licht ist dort, wo es neue methodische Ansätze erlauben, bislang unsichtbare Territorien auszuleuchten. Dies war nicht immer so. Noch bis zur Mitte des letzten Jahrhunderts verstanden es Hirnforscher als ihre vornehmste Aufgabe, dort zu suchen, wo die medizinischen Probleme liegen. Die Ursachen neurologischer und psychiatrischer Erkrankungen sollten durch Untersuchungen an Patienten aufgeklärt werden. Dieser direkte Ansatz erwies sich nur in ausgewählten Fällen als erfolgreich und manche der damaligen Patientenstudien wären nach heutigen Kriterien ethisch nicht mehr zu verantworten. Erst im Lauf der letzten Dekaden beschritt auch die Hirnforschung den wesentlich ertragreicheren Weg, zwar die Probleme im Auge zu behalten, aber zunächst in kleinen Schritten und vorwiegend an sorgfältig ausgewählten Tiermodellen die grundlegenden Mechanismen von Hirnfunktionen zu erforschen. Dies führte in rascher Folge zu bahnbrechenden Entdeckungen, wobei die Methodenentwicklungen in anderen Disziplinen, insbesondere der Genetik, der Molekularbiologie, der Zellbiologie, der Bildgebung und Computertechnologie Pate standen. 
Ein Protagonist dieses Paradigmenwechsels ist unser Laureat, James Poulet. Seine wegweisenden Forschungsansätze und Ergebnisse, die heute gewürdigt werden, beruhen auf der Anwendung modernster Technologien zur Analyse grundlegender Mechanismen neuronaler Funktionen in ausgewählten Modellsystemen. Ich werde diesen Forschungsansatz im Anschluss an eine kurze Würdigung der wissenschaftlichen Laufbahn von James Poulet erläutern. Viele, wenn nicht gar die meisten der sehr erfolgreichen Wissenschaftler sind Nomaden."«
Erstmal bis hierher, jetzt kommt mein Beitrag.

Was wird aus der Zervelatwurst, wenn die Karotte im Gehirn isst?

Vom Kopfschütteln beim Lebewesen, oder: eine spitze Zunge sticht in das Selbst.

Etwas Hirn-HerkunftsForschung:

Hirn: Ahd. 'hirni', mhd. 'hirn[e]', niederl. 'hersenen', mittelengl. 'hernes', schwed. 'hjârna', gehen auf germanisch '*hirznia-, *herznan-' "Hirn" zurück, das mit den germanischen Sippen von 'Horn, Hornisse' und 'Hirsch' sowie weiterhin mit 'Ren' und 'Rind' verwandt ist und zu der vielfach weitergebildeten und erweiterten Indo-Europ. Wurzel '*ker[∂]-' "Horn, Geweih; gehörntes, geweihtragendes Tier; Kopf, Oberstes, Spitze" gehört. Zu dieser Wurzel stellen sich aus anderen IndoEurop. Sprachen z.B. griech. 'kárâ' "Kopf, Haupt" (Ursprung von "Karotte" {Oooha!?}), griech. 'kéras' "Horn" (Ursprung von "Karat") und 'krânion' "Hirnschale, Schädel" ("Migräne"), lat. 'cerebrum' "Hirn" (beachte fachsprachlich 'zerebral' "das Gehirn betreffend; und es ist der Ursprung von "Zervelatwurst" {Ach!?}). - Eine auf das deutsche Sprachgebiet beschränkte Kollektivbildung zu 'Hirn' ist "Gehirn {Soso.}.

Da stammt das Gehirn also aus derSelben Wurzel wie die Hornisse, das Rindvieh, trägt ein Geweih, ist nur ein wenig Spitze und wird irgendwann zur Wurst oder auch zur Karotte, je nach Alpenseite. Kein Wunder, dass dabei manchmal Migräne entsteht. "Du Hirsch!" wird da zum Lobpreis für einen gebildeten Menschen, statt zur Abfälligkeit und die Hornisse erklären wir nun zum Symbolwesen der Klugheit, statt sie zu fürchten, denn Wir sind wesentlich wehrhafter, auch ohne Stachel.

Die Periode des Gehirns ist in voller Blüte. Das Mensch ein NeuroJunkie. Lange Jahrhunderte war das Mensch ein Wesen des Herzens, auch wenn Es in Wirklichkeit eines des Magens und des Darms ist. So waren Wir Menschen doch voll ergriffen vom Pumpmuskel in der Brust, nun ist das Organ im Schädel das höchste der Gefühle und das, obwohl die Gefühle nach wie vor in der Mitte entstehen und "nur" vom Gehirn erfasst und ermessen werden. Jeden Tag eine neue Professur, plus Assistenten, jeden Tag ein neues Labor mit dem Auftrag zum Gehirndoping, jeden Tag überschwängliche Berichte, Dokumentationen, Filme und und und in allen Medien, in denen das Gehirn alles ist, alles tut, alles macht, alles kann und vor allem ALLES fühlt? Das Mensch kniet mit verklärtem Gehirn "vor" dem Organ, das in Es ist; das Mensch ist schüttelnd verwundert "in" dem Organ, das in Es ist, statt es folgerichtig (konsequent) zu nutzen. Durch das viele Kopfgeschüttle, darin auch das Gehirn, kommt kaum eine klare Befühlung dieses ohne Zweifel sehr fähigen Organs (Muskels?) zustande.

Wie alle Muskeln eines jeden Körpers ist auch das Gehirn trainierbar, ist das etwas besonderes? Wie alle Muskeln eines jeden Körpers ist auch das Gehirn für eine spezielle Aufgabe entwickelt worden, ist das etwas besonderes?

Das Organ Lunge ist zuständig für die Sauerstoffversorgung und Kohlendioxidentsorgung eines Körpers, das Organ Gehirn ist zuständig für viele Steuerungsprozesse innerhalb des Körpers, für die Auslegung und Deutung des Erfühlten und Erspürten, also der Sinneswahrnehmungen von innerhalb und ausserhalb des Körpers, ist also mit-Verantwortlich für die Aufrechterhaltung der Gesundheit, für die Orientierung und Bewertung, und damit die Bewegungsrichtung des gesamten Organismus, ist das etwas besonderes?

Das Gehirn ist deshalb wandelbarer, anpassungsfähiger und heilungsbereiter als alle anderen Bereiche in einem Lebewesen, weil es als Organ für die Sinneseindrücke, das Zurechtfinden und die Einschätzung der In- und Umwelt, mit wesentlich vielfältigerem und veränderlicherem Material sowie Zu- und Umständen zu tun hat, als es die eingesaugte Atemluft, die eingenommenen Getränke und die Nahrung sind; deswegen sind Blut, Lunge, Magen, Leber, Niere, Darm, Milz, Herz, Muskeln, Knochen und und und auch wesentlich stabiler angelegt, als eben das "Wahrnehmungs-Aus-und-Bewertungs-Organ" Gehirn, und um alles drummherum die Haut. Somit ist das Gehirn ein normales Organ, das in Jedem Organismus vorhanden ist, und in Jedem Organismus genau für die dafür entwickelten Aufgaben zuständig ist, oder?

Weder das Herz noch das Gehirn sind die Zentren oder gar die Verursacher der Gefühle, die Wir Lebewesen sind, falls das der Grund für dieses falsche hochleben lassen, dieser beiden Körperbereiche ist. Die Gefühle sind jeweils eine gesamtkörperliche Erscheinung, sie entstehen in der linken kleinen Zehe genauso, wie im rechten Ellenbogen und sind beide wichtig und werden dann vom Nervensystem an das Steuerorgan Gehirn weitergeleitet, um eine Reaktion hervorzubringen, eine neue Armhaltung vielleicht, die den Ellenbogen entlastet oder den Kauf eines anderen Schuhs, der weniger drückt. Der gesamte Körper ist die Quelle für Gefühle, auch das Herz, der Magen ... und das Gehirn, das diese bewertet und in Entscheidungen umsetzt, mehr nicht, und das ist einfach die Aufgabe dieses Muskels, so wie es die Aufgabe der Gelenke ist Uns Beweglichkeit zu ermöglichen.

Wann lassen Wir endlich den Darm hochleben, der hat es doch auch verdient, bekommt seit Äonen nur Unsere Scheisse durchgeschoben, und arbeitet fast immer hervorragend damit, oder?

Mich wundert das anhaltende Wundern über die Tatsache, dass auch Wir Menschen vom Leben in der Umwelt geprägte Lebewesen sind. Ja, liebe Mitmenschen, spätestens seit Charles Darwin und Alfred Russel Wallace wissen Wir, dass auch Wir zu 100% Natur sind, irdisches und universales Lebewesen, geschaffen und gewachsen im Laufe von mindestens 13,7 Milliarden Jahren, jeweils im Einklang mit den umgebenden Verhältnissen. Zuerst als ziemlich beengtes Plasma, mitten drinn im Rohstoff für alle spätere Natur, dann platzend vor lauter Lust, Schmerz und Glück hinein ins SEIN, einfach hinein, mal fühlen was daraus wird? Später im Sternenteig kräftig ausgebacken und vielfältig materialisiert, in weiteren kleineren Fanalen wieder hinausgeschleudert ins umgebende Universum, um langsam anzuwachsen zu einem ganz ausgezeichneten Sonnensystem. Jedes von Uns war einmal in einer SuperNova, Wow!, was für eine Riesen-Sache! Und dann weiter, immer heiter, zu diesem Sonnensystem.

So viel Schutz und Stabilität wurde bislang keinem zweiten Sternenstaub zugebilligt, wie dem kleine Planeten, den Wir sehr viel später Erde-Mond benannt haben. Deshalb wuchsen aus den vielfältigen Sternenbröseln, aus denen dieser Planet besteht und die auf und um ihn herumschwirrten, langsam aber sicher grössere Brösel-Verbindungen heran, die Wir heute Lebewesen nennen. Millionen verschiedene Formen, Farben und Töne, mittendrin und eine, nur eine davon, Wir Menschen. Geprägt von den Verhältnissen in denen Mutter Erde/Mond, zusammen mit Vater Sonne und den anderen Geschwistern lebt. Ausgezeichnet geschützt in einem Seitenarm (Orion) einer wunderbaren sanft schwebenden Heimatspirale, die die Griechen Milchstrasse tauften. Mutter Erde-Mond, unser Aller wunderschöne Auster, hält ihrer Perle, der Biosphäre, die väterlichen Ausbrüche weitgehend vom Leib und schützt die Lebewesen zusammen mit den anderen grossen Geschwistern, darin besonders Saturn, Jupiter und Mars, vor Zusammenstössen mit den vielen kleinen und kleinsten Verwandten oder gar Fremden.

100% Lebewesen, ganz ausgezeichnet und bevorzugt mitten in der WEITE des Universums, ist ein Mensch. Wer? Hier. Soooooo Viele! Menschen. Darin auch Gehirne. Und darumherum - vielleicht auch darin - All die Verwunderung?

Was haben die Menschen mit der Karotte gemein und was wird aus der Zervelatwurst, wenn die Verwunderung "über" - irgendwie darin immer nur leicht schwebend -  das Leben, in die Bejahung im System >Leben-Tod< übergeht?

Nebenbei und Frage: Die Neuronen wechselwirken miteinander durch Neurotransmitter über einen Spalt hinwegg, also ohne direkte Berührung (Leib-Seele-/Körper-Geist-Problem?) der Zellen miteinander. Ist diese Lösung, des wechselseitigen Miteinander <--> in Distanz, eine Folge der vielfältigen und selbst-ständigen Lebewesen im Äusseren, zwischen denen ebenfalls Distanz ist? Das Empfindungs-/Bewertungs- und Kommunikationsorgan Gehirn also eine Spiegelung der äusseren und im kleinen auch inneren (Organe) Verhältnisse?
Ist die Sprache also der "Neurotransmitter" zwischen den Menschen, zwischen dem Leben?

Nachbemerkungen:

Alle Wort-Herkünfte (Etymologien), wie: "Hirn:", sind nur wenig verändert aus dem 'Herkunfts-Duden', 2. Aufl., 1997, entnommen, die Bedeutungen dem 'Bedeutungs-Duden', 2. Aufl., 1985. Alle Texte in diesen "{...}" Klammern sind persönliche Einwürfe, Anmerkungen und Kommentare, innerhalb der Auszüge aus dem Duden.

Zu diesem Beitrag passt auch der "von Dr. Gerhard Roth" hier im Blog.

Und nun zurück zu der EhrenRede von Wolf Singer.
Bleiben Sie noch ein wenig, es lohnt, es ist faszinierend was Wir alles in und von Uns herausfinden, noch mehr durch den Umweg über andere Lebewesen, aber doch in den Methoden immer mehr eine Annäherung an Uns Selbst.

Eine dieser Annäherungen beschreibt Wolf Singer in seiner Laudatio und der geehrte Forscher tut es aktiv. Wir sind auf dem besten Wege den Spiegel, in den Wir bisher noch blicken müssen und der immer nur ein ungenaues und oberflächliches Bild vom Selbst liefern kann, zu einer wirklichen EinFühlung und einem echten Begreiffen dessen, Was wir und Wie Wir sind weiter zu entwickeln.

Hier also der sehr interessante Abschluss der Laudatio auf Dr. James Poulet:
"Seit der Zeit in Lausanne konzentriert sich James Poulet auf ein Sinnessystem, mit dem Nager aber auch die kleinen und großen Katzen ihre nähere Umgebung erforschen, das System der Schnurrhaare. Ich werde gleich erläutern, warum dieser Wechsel von Insekten zu Säugern und vom auditorischen zum taktilen System nur scheinbar ein Bruch im Forschungsansatz ist.
[...]
Aber nun zum roten Faden, der die Wissenschaft des Laureaten durchzieht, - zur Frage, die ihn umtreibt und die er konsequent und mit so großem Erfolg seit Beginn seiner Laufbahn verfolgt hat. Die Prinzipien, die er zu verstehen sucht, sind grundlegend für das Verständnis von Sinnesfunktionen, und sie bieten wahrscheinlich auch Erklärungen für Wahrnehmungsstörungen, wie sie bei psychischen Erkrankungen, in diesem Fall der Schizophrenie, auftreten. Warum bloß hat er sich ausgerechnet die Heuschrecke ausgesucht. Jeder weiß um das erstaunlich durchdringende Gezirpe dieser kleinen Tierchen, das sie durch Reiben der Hinterbeine an speziellen Resonanzkörpern erzeugen. Natürlich wollen sie gehört werden und Eindruck machen, aber zugleich wollen sie auch die Rivalen hören. Wie es ihnen gelingt, so laute Töne zu erzeugen, muss Fabrikanten von Musikinstrumenten interessieren, wie es aber möglich ist, das eigene Gezirpe von dem anderer zu unterscheiden und nicht durch den selbst erzeugten Lärm zu ertauben, das interessiert die Neurobiologen seit langem. Horst Mittelstädt vom Max-Planck-Institut für Verhaltensforschung in Seewiesen, dem Institut, an dem auch Konrad Lorenz tätig war, hat schon vor mehr als 50 Jahren seine Reafferenz- Hypothese formuliert. Sie geht davon aus, dass eine Kopie des motorischen Kommandos, das die eigenen Laute hervorbringt, in das Hörsystem eingespeist wird und dort bewirkt, dass die selbst erzeugten Laute gefiltert und anders wahrgenommen werden als die fremd erzeugten. Wahrnehmungspsychologische Hinweise für die Richtigkeit dieser Hypothese gibt es zuhauf.
Es fühlt sich einfach sehr viel anders an, wenn man sich selbst streichelt als wenn es jemand anderes tut. Welche neuronalen Prozesse diesem Phänomen zugrunde liegen, ist kaum erforscht und die zentrale Frage von Poulets Forschungsansatz.
Erste Antworten fand er in seinen originellen und bahnbrechenden Arbeiten an der zirpenden Heuschrecke. Es gelang ihm, die Mechanismen zu identifizieren, die dafür sorgen, dass die Heuschrecke durch ihren Gesang nicht selbst ertaubt. Es war dies einer der ersten experimentellen Nachweise des postulierten Reafferenzsignals.
Zusätzlich gelang ihm durch eine Kombination von anspruchsvollen elektrophysiologischen Techniken und minutiösen Verhaltensbeobachtungen die Aufklärung der neuronalen Kodierungsstrategien, mit denen Heuschrecken den Gesang anderer erkennen und entziffern. Dass es ihm gelungen ist, diese Arbeiten in den höchst angesehenen Zeitschriften „Science“ und „Nature“ zu publizieren, die neun von zehn Submissionen ablehnen, belegt die Originalität des Ansatzes und die Bedeutung der Ergebnisse.
Was jetzt anstand, war die Überprüfung der Verallgemeinerbarkeit der entdeckten Mechanismen und deshalb wechselte Dr. Poulet nach Lausanne, wo die Möglichkeit bestand, der Frage an einem Säugetier, in diesem Fall der Maus, nachzugehen. Warum die Maus und warum die Schnurrhaare? Mit diesem Modell verbinden sich eine Reihe von Vorteilen, die Dr. Poulet voll ausschöpfte. Die Maus besitzt eine Großhirnrinde, die ganz ähnlich aufgebaut ist wie die unsere, so dass die dort erzielten Ergebnisse direkt auf den Menschen übertragbar sind.
Das Genom der Maus ist vollständig aufgeklärt und deshalb steht eine Vielzahl von Methoden zur Verfügung, um über Genmanipulationen zu erreichen, dass ausgewählte Nervenzellen maßgeschneiderte, fluoreszierende oder lichtempfindliche Eiweißmoleküle erzeugen. Dies erlaubt, elektrische Signale sichtbar zu machen bzw. die Aktivität der Nervenzellen durch Licht zu manipulieren und eröffnet grandiose Möglichkeiten, die Dynamik vernetzter Neuronenpopulationen zu analysieren und gezielt zu beeinflussen. Soweit zur Maus – und jetzt zu den Schnurrhaaren? Diese sind ein ideales Modell zur Erforschung von Reafferenzprinzipien. Schnurrhaare sind keine passiven Sensoren, sondern werden in komplizierten Wellenmustern rhythmisch bewegt. Treffen sie auf Gegenstände, können die Tiere aus den komplexen raumzeitlichen Mustern der Berührungssignale die entsprechenden Objekte nicht nur lokalisieren sondern auch erkennen.
Hierzu aber ist es erforderlich, dass die Netzwerke in der Hirnrinde, welche die einlaufenden Berührungssignale interpretieren, präzise Informationen erhalten über die Bewegungstrajektorien der jeweiligen Tasthaare. Auch hier muss also eine Kopie der Bewegungssignale, die in der motorischen Hirnrinde erzeugt werden, an die sensorischen Rindenbereiche übermittelt werden, damit diese die taktilen Signale interpretieren können. Weil die anatomischen und funktionellen Eigenschaften sowohl der motorischen als auch der sensorischen Anteile des Schnurrhaarsystems bereits sehr gründlich erforscht sind, war hier genügend Licht, um die komplexen Interaktionen zwischen den beiden Teilsystemen untersuchen zu können. Und wieder gelangen unserem Preisträger schon nach kurzer Zeit wegweisende Entdeckungen, die wiederum in den besten Journalen seiner Zunft zur Veröffentlichung kamen.
Ihm ging es zunächst darum, die Kodierungsstrategien besser zu verstehen, die in der sensorischen Hirnrinde für die Verarbeitung der Berührungssignale zum Tragen kommen. Der Schlüssel für seine Erfolge war der Einsatz neuester Technologien, die es ihm erlaubten, von mehreren Zellen in der Großhirnrinde wacher Tiere gleichzeitig intrazelluläre Ableitungen zu erhalten. Dies ist hohe Schule und eine technische Bravourleistung, die nicht genug gewürdigt werden kann. Im Zuge dieser Untersuchungen gelang ihm auch erstmals der Nachweis, dass sich die zeitliche Koordination neuronaler Aktivitätsmuster abhängig vom Aufmerksamkeitsgrad der Tiere nachhaltig verändert – was für die Deutung von Kodierungsstrategien wichtige Konsequenzen hat.
Den Wechsel nach Berlin und die dadurch gewonnene Autonomie hat Herr Poulet dazu genutzt, sein methodisches Repertoire erneut zu erweitern und die bereits erwähnten molekularen Techniken seinen Bedürfnissen anzupassen. Auch machte er die Tiere zu aktiven Teilnehmern seiner Untersuchungen, indem er ihnen beibrachte, gezielte Bewegungen mit den Vorderpfoten auszuführen. Die Quantifizierung dieses Verhaltens versetzte ihn wiederum in die Lage, die neuronalen Kodes zu entziffern, die der Integration von sensorischen Signalen und motorischen Kommandos zu Grunde liegen, - also das Reafferenzprinzip in der Großhirnrinde dingfest zu machen. 
Nun aber schulde ich Ihnen endlich die Erklärung für meine Andeutung, die Arbeiten von Herrn Poulet würden auch zur Aufklärung von Mechanismen beitragen, die psychischen Störungen zugrunde liegen.
Es gibt wohlbegründete Vermutungen, dass einige der Symptome von schizophrenen Patienten auf einer gestörten Verarbeitung von Reafferenzsignalen beruhen. Es könnte dies der Grund für Halluzinationen sein, also für das Unvermögen, zwischen selbst erzeugten und von außen einwirkenden Signalen zu unterscheiden. Wohin sich die Forschung von Herrn Poulet wenden wird, ist natürlich nicht vorauszusehen, da Wissenschaft umso besser ist, je weniger sie weiß, was sie morgen entdecken wird – und die wissenschaftliche Arbeit von James Poulet ist von dieser Art. In welchem Kontext ihm die nächste große Entdeckung gelingen wird, kann er wohl auch selbst nicht vorausahnen, gewiss aber ist, dass ihn seine Neugierde, seine Begeisterung, seine Kompetenz und vor allem sein Gespür für überwindbare Herausforderungen noch weit tragen werden. Lieber James Poulet – alles Gute für Ihre Zukunft und jetzt freuen Sie sich erst mal richtig über das Erreichte."

Grossartig! Schöne Rede. Ich bin voll dabei und unterstütze das, soweit *ich das mit meinen äusserst bescheidenen Möglichkeiten kann.
Es bleibt die persönliche Erkenntnis, dass das Gehirn nicht mehr Aufmerksamkeit und Anstrengung verdient, wie das Drummherum in das so ein Gehirn eingebettet ist, aus und in das es gewachsen ist und das es als Ganzes braucht.
Danke.

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