Dienstag, 25. Juni 2013

Selbst-Unterlassung

Diesen Beitrag habe ich, bis auf eine Ergänzung in einer Klammer, die ich grün eingefärbt habe, bereits mit dem Titel "Selbst-Optimierung" hier eingestellt. Nach dem Schreiben der Klammer war mir klar, dass damit genug zu dem Artikel und um den Artikel herum, von mir geschrieben wurde. Sie werden dort erlesen warum und auch, warum ich den Titel des Beitrag geändert habe.
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Foto von Umbo, aus 1929, "der Clown"
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Ja, ganz klar, wenn Mensch die ganze Evolution mal auf den "Seziertisch" packt und die einzelnen Stränge isoliert und auf das Tun und dessen Folgen reduziert, dann ist die Evolution ein Prozess der steten Verbesserung und Anpassung, innerhalb stetig wechselnder Bedingungen (eine Definition für "Erfolg"); oder auch der steten Verschlechterung, wegen Anpassungsproblemen oder gar der -Verweigerung, und daraufhin der Aussonderung.

Und diese Prinzipien / Voraussetzungen gelten sowohl für das Ganze, als auch für Jedes Einzelne ganze(!) "Mit-Glied" im DaSein, z.B. also sowohl für das Menschheit, wie auch das einzelne Mensch, oder ebenso für die einzelne irdische Lebendigkeit, wie für das ganze Universum.
So ist das Einzelne genauso zur Anpassung innerhalb der Gesellschaft gezwungen, oder, um es sanfter und bekömmlicher zu formulieren: dazu aufgefordert; wie die Gesellschaft zum Schritthalten mit den Veränderungen der umgebenden Natur und dem gesamten DaSein aufgefordert ist. Alles wirkt nach Innen, wie Alles auch nach Aussen wirkt; und somit auch zur beidseitigen Veränderung beiträgt. So lange schon erkannt, so banal.

Ich spekuliere jetzt mal:
Wobei das SEIN wohl die Grundbausteine der vorübergehenden Dauerhaftigkeit oder auch Beständigkeit (die Substanz, also die eingehäutete, die in eine Verbindung abgesonderte Energie) einbringt und mit der Endlichkeit aller Verbindungen (im Deutschen auch Trennung oder Tod benannt) den Zwang zur beständigen Änderung der Verhältnisse (die ungehäutete Energie (Licht), die sogenannte RaumZeit) bereitstellt.
Und somit das er- / be- / geschaffene DaSein darin und daran arbeiten muss, so gut (gut, ist bestens versorgt und dabei so weit von den Vorgaben und Beschränkungen der Vergangenheit erlöst, wie es möglich ist, ohne das persönliche und das allgemeine DaSein zu gefährden) und so ausdauernd wie nur möglich in diesen Voraussetzungen zu bestehen.
Das ist - denke ich - der Inhalt von Freiheit.

So weit so bekannt. Wenn ein-Es so will, ist das Geschehen, das mit dem Begriff der Evolution hauptsächlich verbunden ist - also die irdische Lebendigkeit -, ein fast reiner [Selbst-]Optimierungs-Prozess, in dem es nicht um Grösse und Kraft, um mehr Gewicht und Einzel-Spezialisierung geht, sondern in dem es viel mehr um die Geschwindigkeit und AusDauer in aller VielFältigkeit (Aufbau, Formen, Farben, Verhalten, Beständigkeit), also um die Entwicklungs-Geschwindigkeit, um das erfolgreiche MitBestehen innerhalb der beständig wechselnden Gegebenheiten des Geschehens geht. Klar, geht es auch noch um Details, z.B. auch um die Verantwortung, die *mir in diesem Blog ja ein besonderes Anliegen ist, und die für m*ich auch zum Erfolg und zur Erweiterung der Freiheit innerhalb der Zwänge des DaSein zählt, aber davon habe *ich ja schon einige Beiträge (eigentlich Alle) eingestellt.

Jetzt komme ich zu dem unten eingestellten Artikel aus der FAZ.
Wenn ich den, mit dem obigen Hintergrund lese, komme ich mit dem darin geschilderten wunderbar zurecht, da errege ich keinerlei Aufregung wegen der darin be- / geschriebenen Tatsachen, allerdings ein wenig wegen der Stimmung, die aus dem Text hervorkommt und die, für mich, zu sehr nach Angst riecht, nach Überforderung, oder gar Unverständnis? Wie geht es Ihnen dabei?

Ich möchte mal vermuten diese Stimmung - bei der Erkenntnis dieser und anderer Vorgänge, innerhalb des DaSein und bei der näheren und weiteren Erkenntnis auch des menschlichen Handelns darin - hat mit der Stellung des Menschen zum oder im DaSein zu tun, der allerdings natürlichen Stellung des Menschen dazu, denn diese Stellung ist so weit verbreitet und so normal, dass sie natürlich sein muss. Es ist die wohl allgemeine Stellung Alles Einzelnes zum Ganzen: die natürliche AusserGewöhnlichkeit!

Alles im DaSein ist AusserGewöhnlich. Erst mal. Und dieses Ausser- besagt ja schon vom Gefühl her, dass Etwas/Eines nicht ganz und direkt dazu gehört, zu der Umgebung, in das Andere Da, zu der Gewöhnlichkeit, in Unserem Fall zum DaSein, zur Natur.
Das sind Wir aber.
Die Entwicklung ist die von der Ausser- zur InnerGewöhnlichkeit, vielleicht?

Ich vermute: Solange das Mensch aberkennt Natur zu sein, damit auch den Regeln und dem Geschehen dieser Natur ausgeliefert zu sein  - und zwar zu fast 100%, bis eben auf eine kleine, fast winzige wirkliche Besonderheit in allem DaSein (vielleicht das ewige Chaos, der überraschende Zufall, der stete Zweifel in Allem? Sie wissen ja davon.) -, kommt so ein Erstaunen und so eine schwebende Angst zustande, wie ich sie aus diesem und vielen anderen Zustandsbeschreibungen des DaSein erspüre (also auch erhöre und erlese).

Die Verwunderung des Einzel-DaSein, bei der Erkenntnis des DaSein, die oft genug leider noch in Bedrohung, in Angst, ja sogar bis in Panik hinauf erregt ist.
Und mir ist doch vollkommen klar, dass auch das völlig natürlich ist, sein muss, so weit verbreitet, so normal diese Reaktion ist.

Die Fanatiker aller Rückwärtsgewandtheit, sowohl im Glaubens-Bereich, als auch in Kunst und Wissenschaft, sind dabei nur die Spitze des Eisbergs, dazu brauche ich nur die Wahlergebnisse abzurufen, oder zu fragen: Warum Wir immer noch fossile Brennstoffe verwenden und für bald Alles, was das DaSein so frei anbietet und Wir unbedingt zum Über- und ErLeben brauchen, bezahlen müssen (wie Es auch uns Menschen einfach so frei "angeboten" hat und erLeben lässt; oder hat irgendein Mensch irgendwann einmal, für ALL das bezahlt?).

Und jetzt der Artikel:

Aus Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 09.06.2013, von Yvonne Hofstetter
Titel: Datensammler Ein totalitäres System
Untertitel: Algorithmen beherrschen unseren Alltag. Ob beim Einkauf oder an der Börse: Die digitale Revolution zwingt uns, ständig unseren eigenen Vorteil zu maximieren. Gibt es noch einen Ausweg?

Dort finden Sie das vollständige Original mit Kommentaren des Artikels:

Wieder hat die digitale Gesellschaft eine neue Spezies erschaffen, die uns Arbeit abnehmen soll: Agenten. Ein Designmuster für Algorithmen, die Investmententscheidungen für uns treffen oder den städtischen Lieferverkehr steuern: Agenten finden für alles die beste, effizienteste Lösung. Sie sind Optimierer. Und sie sind besser als wir.

{"Sie sind Optimierer. Und sie sind besser als wir." Die Unrichtigkeiten in der Sprache haben ziemlich sicher mit der Gefühlsmischung zu tun, die diesen Artikel eingefärbt hat, also mit Angst und Verunsicherung im DaSein.
Bin Oliver-August Lützenich frei davon? Aber woher denn, Selbst-verständlich bin auch ich voll davon, aber so als Nach-Leser, also mit ein wenig Abstand zum Gefühlten und Gespürten, mag ich da schon auch bemerken, was an meinen und fremden Aussagen schief ist und das oben zitierte ist schief.
Denn, haben Software-Progrämmchen ein Geschlecht oder gar eine Persönlichkeit? Und, können Handlungsanweisungen (Algorithmen) in Bits und Bytes "gegossen" besser sein, als dieJeniges die es formulieren und einspeisen? Schon die Verwendung des Begriffs "Agent" ist irreführend. Weil, was steckt alles in dem Begriff "Agent"? Doch zumindest ein Mensch, oder? Und was steckt in einer Computer-Handlungsanweisung, einem Programm-Code aus Buchstaben und Zahlen, von einem Compiler übersetzt in Maschinen-"lesbare" An-/Aus-Folgen? ElektroMagnetische Schwingungen. Sie könnten jetzt selbstverständlich anmerken, dass auch das Mensch ein Ergebnis solcher Schwingungen ist, aber ich gebe Ihnen dann zurück: AUCH. Ganz klar, aber eben nicht nur. Und dieses "nicht", was mehr ist als die Schwingungen, die Wir mit einem Programm-Code gemeinsam haben, ist eben so viel mehr an Verschiedenheit, das die obige Aussage: Und "sie" sind besser als wir, so ungefähr alles auslässt, was wir Menschen in Gänze sind und nur das winzige wenige nimmt, was Wir mit schwingenden Elektronen und der Technik darumherum gemeinsam haben. Sind Wir also vom Gefühl her so enorm winzig und wenig, dass schon ein kleines Progrämmchen, welches auch noch von Einigen von Uns geschrieben wurde, besser ist, als wir Menschen es sind?
Können Sie jetzt meinen Ärger beim lesen so vieler solcher Sätze verstehen?
Können Sie jetzt vielleicht nachvollziehen, dass ich ahne, was vielleicht ein Grund so vieler Krisen in Uns ist, was vielleicht ein Grund für so viele schmerzhafte Kollisionen zwischen Uns und unserer UmWelt ist? Dieses Selbst-Lose, dieses blosse DaSein ohne Selbst zu sein, dieses massenhafte Mensch-Sein ohne klare und eindrücklich, wie ausdrückliche Position im und für das DaSein, dieses massenhafte Nur-so-dahinerleben, diese Kleinheit und kaum Vorhandenheit der meisten Menschen, dass schon so eine Handlungsanweisung, ein paar Zeilen lang, für eine Maschine, ein Wesen für Uns ist (Agent) und hat; und schon mehr kann als ein Mensch?
Diese Klammer habe ich als letzte eingefügt und lasse das Andere auch so stehen, weil mehr kann und will ich zu dieser Form der Auseinandersetzung mit Uns und unserem Tun und Handeln auch gar nicht mehr HIER einfügen. Danke.}

In der Investmentindustrie zum Beispiel sind Algorithmen oder „Algos“ gerade dabei, den Beruf des Händlers überflüssig zu machen. Denn Algos treffen auch die besseren Investmententscheidungen. Die Händler dürfen zwar bleiben - aber nur noch als Algo-Babysitter.

Algos sind unermüdliche Datensammler. Sie verarbeiten Marktdaten und setzen sie zu einer Lageanalyse zusammen. Das Ergebnis legen sie dem Entscheidungsträger vor. Und das ist eben nicht mehr der Händler, sondern - ein Algo. Der berechnet dann die optimale Zusammensetzung eines Portfolios. Zum Beispiel im Währungshandel: 5,3 Millionen Eurodollar verkaufen, 2,67 Millionen Pfund Sterling kaufen. Kontrollzyklus: jede Minute. 24 Stunden täglich, fünf Tage in der Woche. Der Algorithmus berechnet und führt die Order aus. Dem Händler bleibt die Aufgabe, die Maschine zu überwachen und zu bedienen.

{Bei mir taucht hier die Frage auf: Warum Handeln Wir? NebenFragen: Macht es für Uns Sinn, den Handel von Unserem Eingreiffen zu befreien und: Wem nutzt diese Herausnahme des Lebewesens Mensch aus dem Geschehen der Maschine? Ich vermute mal: Ja, Uns. Es ist vielleicht eine Befreiung von Aufgaben in der RaumZeit, die (RaumZeit) Wir dann für anderes verwenden können. Tun werden.
Wir optimieren und effizienzieren die Uns zur Verfügung stehende RaumZeit-Phase immer konkreter; Wir befreien Uns (auch damit) von allen Aufgaben und Handlungen, die nicht zum Vergnügen Aller und zur Förderung der Erweiterung von Jedes Einzelnes dienen. Wenn das so als HinterGrund in der Evolution und also auch in Unserem Tun steckt, wäre das doch fantastisch! Alles, was Wir an Aufgaben und Handlungen optimieren, minimieren, delegieren oder gar eliminieren können, befreit Uns für mehr Phantasie. Und die ist doch wohl ein ganz anderes Tun und Handeln - das Freude bereitet - als das Arbeiten und Schuften, das Wir jetzt tun, meist tun müssen, denn die Freude an einer/der Arbeit jetzt und Hier und Heute, ist doch wohl nur sehr sehr sehr wenigen vergönnt, die Allermeisten müssen einfach was tun, weil eben noch alles Notwendige kosten muss. Muss was kosten, weil sonst ist es doch nichts wert und das ErLeben ist doch wohl was wert, oder? Also muss es beschränkt sein, im Mangel sein und was kosten. Das ist die Dynamik des Handels und des daraus entstandenen Kapitalismus. Vermute ich.
Mir ist doch inzwischen auch immer geläufiger, dass, so dumm, wie Wir geboren und auch gezeugt werden (das können Sie am Ende des Artikels noch einmal nachlesen), Wir noch jede Menge Herausforderung und auch Überforderung bis zum Zwang brauchen, bis Jedes die Fähigkeiten, die Es mitbekommen hat, auch wenigstens zur Hälfte nutzt, was ja schon mal ein ziemlicher Gewinn für Unser MitEinander wäre, einfach, weil Wir Einander dann viel besser verstehen, freundlicher und aufmerksamer miteinander umgehen, einfach, weil eine bessere Nutzung Unseres DaSein-Potentials noch jede Menge zusätzliches Vertrauen schafft.
Klar ist Jedes Einzelne DaSein auch Ausser-Gewöhnlich! Logisch. Also stimmt das erste Gefühl schon, doch erst die Gewöhnlichkeit macht Uns fast zur Gänze aus, aus dem Ausser kommt da bis Heute wenig, sehr wenig, was Uns ausmacht, auch kommt da so wenig von dem, was Wir so zum ErLeben brauchen, fast gar Nichts, und das ist verdammt wenig, von der Gewöhnlichkeit kommt bislang daGegen fast Alles. DaGegen! Die Verwendung dieses Pronominaladverbs zeigt schon, dass Wir einander noch fernhalten müssen, weil Unser Verhalten eben noch sehr unfrei ist, weil es noch viel zu sehr nach/von Aussen ist, statt gewöhnlich zu sein, also nach/von Innen berichtet wird, wo doch fast Alles notwendige von dort herkommt und entsteht. Oder habe ich da was falsch verstanden?
Sie erkennen schon, ich verwende den Begriff "Gewöhnlichkeit" mit einer ziemlich erweiterten Füllung, als vielleicht üblich, auch ohne Abschätzigkeit, die ja da auch noch öfter mitgeschwungen wird. Dazu ein Gedicht:
Gewöhnlich bin ich, ich bin gewöhnlich, ich bin normal, bin schon lange hier und an das Hier auch schon gewöhnt, so weit mir das von Aussen gestattet wird, bin ich gewöhnlich in Berlin zu finden, wenig ausserhalb, gerne auch, aber ganz überwiegend bin ich gewöhnlich ein Mensch mit Frisur und ganz gewöhnlichen Bedürfnissen, da ist wenig ausser, ausser ich bin un-gewöhnlich, aber das bin ich eher sehr selten.
So in Etwa.}

Ein Agent - eine Architektur zur Anwendung von Algorithmen - lässt sich wie ein Haustier trainieren. Mit Belohnungen, wenn er sein Ziel erreicht, und einer Strafe, wenn er sein Ziel verfehlt. Agenten können fast beliebig intelligent werden. Oder sagen wir besser: beliebig einseitig begabt. Und glauben Sie es ruhig: Es ist fesselnd, mitzuverfolgen, wie ein Agent lernt, optimale Investmententscheidungen zu treffen. Man kann ihn problemlos klonen und so trainieren, dass er jedes gängige Investmentinstrument beherrscht.

Aber bei aller Faszination gibt es auch Grund zur Sorge: Längst breiten Softwareagenten sich in unserem Alltag aus, erforschen unser Denken und Tun. In Höchstgeschwindigkeit rechnen uns Amazon, Google und Twitter vor, was wir wollen, tun oder lassen sollen. Es ist ja auch überaus praktisch, wenn die Maschine für uns denkt. Wir wissen ja: Der Optimierer findet die beste Lösung. Wir lehnen uns zufrieden zurück.

Dabei sind wir nicht nur berechenbar, sondern steuerbar geworden. Der Mensch wird zum Erfüllungsgehilfen optimierender Maschinen. Etwa in der urbanen Logistik: Um die Anzahl von Lkws zu reduzieren, sollen an den Grenzen französischer Großstädte Logistikzentren angesiedelt werden, die mit Hilfe von Agenten die Steuerung des Lieferverkehrs übernehmen. Hierzu werden die Lkws mit Tablet-PCs ausgerüstet, so dass ihr Standort über GPS jederzeit metergenau bestimmt werden kann. Zusätzlich werden auf jedem Tablet-PC Agenten installiert, die „ihren“ Lkw repräsentieren und mit einem Optimierer im Logistikzentrum kommunizieren.

In einem Auktionsverfahren bieten die Agenten dem Optimierer die Auslieferung von Päckchen an, abhängig von ihrer Entfernung zum Empfänger oder Warenlager, den Lieferkosten, der Staulage und der aktuellen Beladung ihres Lkws. Das ökonomischste Angebot bekommt den Zuschlag. Der Fahrer fährt nur noch die Routen ab, die ihm der Agent vorrechnet - und wird damit selbst zum Teil der Maschine. Ohne Maschine geht nichts mehr.

Jedes Smartphone kann eine Wanze sein

So ist das auch an der Börse: Im elektronischen Handel ist die Qualität der Handelsalgorithmen so kritisch für den Ablauf wie die zivile Flugsicherung für den Flugverkehr. Wenn die Flugsicherung versagt, ist das katastrophal. Wenn Handelsalgorithmen versagen, weil die Software fehlerhaft ist oder falsch eingesetzt wird, ist das auch katastrophal: Börsenkurse können innerhalb weniger Minuten ins Bodenlose absacken. Ein „Flash Crash“.

Doch es gibt einen eklatanten Unterschied: Handelsalgorithmen werden von der Finanzindustrie nur in den seltensten Fällen mit der gleichen Sorgfalt behandelt wie Flugsicherungssysteme. Denn Qualitätssicherung ist teuer, langwierig und mindert womöglich den Profit. Bis Tests durchgeführt sind, könnte der Markteffekt, den man ausnutzen will, schon verdunstet sein. Darum gilt: Der Optimierer muss so schnell wie möglich eingesetzt werden.

Hinzu kommt aber noch etwas anderes. Viele Händler, Fonds- oder Investmentmanager, die Handelsalgorithmen einsetzen, verstehen überhaupt nicht, wie sie funktionieren. Darum wissen sie auch nicht, wann ein Algorithmus an seine Grenzen stößt - und das System „bricht“.

Sie verlassen sich blind auf ihre Technologen. „Mach mich reich“ ist der alles überragende Wunsch, hinter dem Sorgfalt stets zurücksteht. Häufig beschränkt sich die Sorgfalt auf die Prüfung wenig relevanter Dinge wie die Analyse historischer Handelsergebnisse - doch anhand eines durchschnittlichen Jahresprofits lässt sich die Qualität eines Algos nicht beurteilen.

Ganz hässlich wird es schließlich, wenn Handelsalgorithmen vorsätzlich Falschinformationen ausgeben, um andere Marktteilnehmer auszuspionieren. Im elektronischen Börsenhandel werden gezielt Täuschungsmethoden eingesetzt, um den Handelspartner zum Kauf oder Verkauf zu veranlassen. In der militärischen Forschung heißt das „intentional lying of counterparties“. An der Börse geht es dabei schlicht um Manipulation und die Destabilisierung von Märkten.

Und es ist gut vorstellbar, dass ähnliche Mechanismen auf unseren Alltag überspringen. Die Manipulation hat es leicht mit Mitspielern, die sich gar nicht widersetzen wollen. Denn Optimierer brauchen Daten - und die holen sie sich von Milliarden von Sensoren, die in unseren technischen Gimmicks eingebaut sind: jedes Smartphone eine Wanze.

Das egoistische System breitet sich aus

Ein Trugschluss zu glauben, bisher sei noch keine Technologie in der Lage, die schiere Datenflut, die wir großzügig bereitstellen, zu verarbeiten. Die Wahrheit ist: Es gibt Technologien, die aus all den Daten Schlussfolgerungen ziehen. Auch der Staat setzt sie gerne ein, wie der gerade bekannt gewordene Einsatz des Überwachungsprogramms „Prism“ durch die amerikanische Regierung dramatisch vor Augen führt.

Wir gehen freigiebig mit unseren Daten um, auch weil wir erfahren: Wer hier nicht mitmacht, mit dem will man keine Geschäfte machen. Wer sich widersetzt, ist ausgeschlossen. Wer keine Daten abgibt, kann nicht durchleuchtet werden. Wer kein Facebook-Profil besitzt, hat schlechtere Chancen auf Arbeit. Doch auch dieses System ist fehleranfällig: Experimente haben gezeigt, dass Angestellte, die sich auf offene Stellen ihrer eigenen Unternehmen beworben haben, von deren Screening-Software als ungeeignet aussortiert wurden.

Darum: Halten Sie Ihre Daten zurück. Wehren Sie sich gegen jede Erfassung, jeden Handel mit Ihren Daten, sei es durch Einwohnermeldeämter oder Finanzbehörden. Ihre Daten beschreiben Ihre Persönlichkeit. Wir Technologen wissen, was wir aus Ihren Daten machen können. Wüssten Sie es auch, Sie wären entsetzt.

Und es gibt noch eine schlechte Nachricht: Das System aus Optimierern und Algorithmen breitet sich rasant aus, die Struktur des Internet macht es höchst robust. Anders als bei einem zentralistischen Design kann man nicht den Stecker ziehen, um es aufzuhalten.

Es bleibt also die bange Frage, was aus uns Nutzern werden soll. Wie sollen wir das ertragen - eine immer stärker werdende Kontrolle und Steuerung, verbunden mit dem Leistungsprinzip des Optimierers, immer der Schnellste, der Beste, die Schönste sein zu müssen? Wir haben es mit einem totalitären System zu tun, das in alle unsere sozialen Verhältnisse hineinwirkt.

Und es gibt sich nicht einmal mehr Mühe, sich zu tarnen. Das System der steten Optimierung des eigenen Vorteils ist auch in sozialen Netzwerken oder im Social Shopping längst zu finden, wo Konsumentendaten mit persönlichen Daten fusioniert werden, um eine noch höhere Ausbeute an Werbeeinnahmen zu schaffen. Von dort breitet sich das egoistische System immer weiter aus.

Lernende Algorithmen vergessen nicht

Doch seine Fokussierung auf die Optimierung des eigenen Vorteils ist zugleich seine Schwäche: Wir kennen die Zielfunktion des Systems und seine Optimierungsparameter. Wir wissen, das Gegenüber soll mit allen Mitteln, auch denen der Täuschung, übervorteilt werden. Was also außer dem eigenen Vorteil könnten wir noch optimieren?

Wir müssen erforschen und erproben, ob kooperative Aktionen wie der freiwillige Verzicht das Gegengift sind, welches ein egoistisches System langfristig zur Strecke bringen kann.

Schon die Reflexion über die falschen Verheißungen von Automatisierung und Optimierung unserer selbstsüchtigen Ziele bedeutet Abkehr vom Mainstream. Der Widerstand kann dort einsetzen, wo wir wieder Standpunkte einnehmen: Im Widerspruch zum Relativismus der letzten vierzig Jahre, in dem alles „gleich gültig“ geworden ist.

Es gilt, sich neu zu besinnen auf das, was uns von der Summe aller Optimierer unterscheidet: das Nachdenken über unsere menschliche Würde und darüber, was vernünftig ist. Die Heranbildung unserer jungen Generation zur Marktarbeiterschaft, die den Bedarf an Fachkräften decken soll, reicht dafür nicht. Erst durch Bildung von Herz und Gewissen können wir in einen Widerspruch eintreten, der nichts anderes bedeutet als eine Rückbesinnung auf „das Wahre, das Gute und das Schöne“.

Wenn wir nichts aus der Geschichte lernen, dann haben uns lernende Maschinen wirklich etwas voraus. Lernende Algorithmen vergessen nicht, und ihre Erinnerung kann in ihrem genetischen Code auf die nächste adaptierte Generation weitervererbt werden. Im Unterschied dazu beginnt jedes Neugeborene ganz von vorn. Es ist heute in unserer Verantwortung, ihm auch in Zukunft die Freiheit zu bewahren, die uns zu Menschen macht.
Ende FAZ-Artikel

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