Freitag, 9. November 2012

Real-Ästhet

Ein Fund aus meinen Eingeweiden, nicht nur im Bücherschrank, sondern auch im Verstand, das stand, wenn ich stehe und Vernunft, wenn ich nehme und Verliegt, wenn ich liege und das ab und zu ein Bäuerchen macht, wenn darin die Säfte reifen und dann kommt eine fast schon verlorene Gedankenblase in den Mund des Bewusst-Seins, in die Aufmerksamkeit und wünscht das Licht wahrzunehmen: Vernunft.

So auch das:

Claude Lévi-Strauss, in »Das wilde Denken«, von 1973, aus Kapitel IX -Geschichte und Dialektik-, einer Kritik an J.-P. Sartres Menschenbild.

"... Wir akzeptieren also die Bezeichnung Ästhet, weil wir meinen, dass das letzte Ziel der Wissenschaften vom Menschen nicht das ist, den Menschen zu konstituieren, sondern das, ihn aufzulösen. Der eminente Wert der Ethnologie liegt darin, dass sie der ersten Etappe eines Vorgehens entspricht, der weitere folgen: hinter der empirischen Vielfalt der menschlichen Gesellschaften will die ethnographische Analyse Invarianten ermitteln, und die vorliegende Arbeit zeigt, dass sie zuweilen an den am wenigsten vorhergesehenen Punkten liegen. Rousseau hatte das mit seiner gewohnten Scharfsicht geahnt: «Wenn man die Menschen erforschen will, muss man sich in ihrer Umgebung umsehen; doch um den Menschen zu erforschen, muss man es lernen, seinen Blick in die Ferne zu richten; man muss zuerst die Unterschiede beobachten, um die allgemeinen Eigenschaften entdecken zu können.» Doch es würde nicht ausreichen, einzelne Menschheiten in einer allgemeinen Menschheit aufgehen zu lassen; dieses erste Unternehmen leitet weitere ein, die Rousseau nicht so gern anerkannt hätte und die den exakten und den Naturwissenschaften zufallen: die Kultur in die Natur und schliesslich das Leben in die Gesamtheit seiner physiko-chemischen Bedingungen zu reintegrieren. ...
In unserer Perspektive steht infolgedessen das Ich nicht stärker im Gegensatz zum Anderen als der Mensch zur Welt: die Wahrheiten, die man durch den Menschen hindurch erfahren hat, gehören «zur Welt» und sind aus diesem Grund bedeutsam."
.
Francis Picabia,
"Madame Picabia", 1958
.
Als *ich «Das wilde Denken» zum ersten mal gelesen hatte, war *mir sofort klar, dass *ich viele Ansichten, die *ich von Jean-Paul Sartre übernommen hatte, revidieren musste; Sartres Menschenbild ist eines ohne tieferes Gefühl, also ohne den weiten Unterbau, der das Denken und die Vernunft erst möglich macht.

Schon u.a. «Der Ekel» war für m*ich ein Text, der die Basis der Lebendigkeit, die reichen Bewegungen (emotio) des Gefühls, fast schon verabscheute, der also einem SelbstEkel, einer schmerzhaften Selbst-Distanz geschuldet ist, welcher aus Verzweiflung nur das Vernunft feiert, - also einen etwas Emotions-"beruhigteren" Bereich in Jedes Selbst -, weil dieser als einzige Rettung vor dem Selbsttot aus dem "Gefühlsnotstand", der Sartre, und nicht nur ihm, das DaSein vielleicht war, erschien.
Aber *mir ist völlig klar, dass das nach den verheerenden Jahrzehnten, die dem Ekel vorangingen, absolut notwendig war, auch das Vernunft eine Chance zur Gestaltung des irdisch-menschlichen DaSein einzuräumen, also auch dafür zu streiten etwas weniger dem spontanen oder auch dem aufgebauschten Gefühl blindlings (vernunft-los) zu folgen.
Glücklicherweise war Sartre so gefordert und gefördert, dass das Leben ihn noch lange erhalten und mit-Gefühl erregen konnte.

Das Menschenbild und die Erkenntnisse eines Claude Lévi-Strauss aber, waren mir vom ersten Lesen an näher, näher an der ganzen Wirklichkeit ("ganzen" deshalb, weil selbstverständlich auch das "reine" Denken - das Bewusst-Sein -, ein intimer Bereich der Wirklichkeit ist, aber eben nur ein kleinerer, im ganzen Mensch, mit all dem, was darum und daran noch so Alles vorhanden ist) und damit auch weiter (als nur in einem kleinen Bereich) im Menschen.

Und dann die Idee der Weiterentwicklung, der Überwindung des Gegebenen:
Das Mensch wird das Mensch-Sein überwinden und eine neue Lebensform mitbegründen, das ist mir zwar nicht erst seit «Das wilde Denken» klar, spätestens seit den Evolutions-Beweisen durch die Forschungen, nach Charles Darwin und Alfred Russel Wallace, ist diese Vorstellung in allen weiterdenkenden Menschen, aber wohin und worin?

Die Maschinen, die Wir mitentwickeln sind stabiler und langlebiger, sind weniger auf die irdische Atmosphäre angewiesen, sind kräftiger und bald auch selbst zur "Fortpflanzung" (Weiterentwicklung und Erneuerung) fähig, Wir werden ihnen mitgeben, was Wir erfahren und erkannt haben und was Uns auszeichnet, und dann werden sie ohne Uns die RaumZeit weiter erkunden.
Bald.

Was (Welcher + Welchem + Wem = Was) das nicht gefällt, Das soll doch einmal versuchen es (das Entwicklung) zu stoppen. Gutes Gelingen!

Oder sind Wir Menschen doch auch fähig, Es - das den veränderten Erkenntnissen, Technik und Umständen besser angepasste Wesen - aus Uns Selbst heraus zu gestalten, ohne den Umweg und die Reduktion, die Reduzierung unserer Fähigkeiten in Maschinen, also in Apparate, die von einer Lebendigkeit "konstruiert" wurden und nicht vom DaSein als Ganzem, wie Wir Menschen es sind?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen