Donnerstag, 2. August 2012

Da Wir ein ich sind

Da mir das persönliche Selbst unbekannt war, und Sie mich nicht kennen, und Wir Uns nicht kennen, und *ich Sie nicht kennen, was kennen Wir denn überhaupt?
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Ein Symbol?
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Diese Fragen und Unsicherheiten und Verzagtheiten nagten an einem so kleinen Verstand wie mir, also fragte *ich in einer Bibliothek nach Rat für diese Leere in einem kleinen Lebewesen, und *ich hatte Glück, *ich hatte Riesenglück, *ich traf per Zufall oder Nicht auf ein Gedicht, nein, auf eine Bibliothekarin, eine wie ein Gedicht, nicht so sehr von Aussen, nicht so auf den ersten Blick aber auf den Zweiten, eine wahre Freude in der Ansicht, in der Einsicht und auch in den Aussichten, die Sie mir bot, ja das war Sie, Sie drückte mir zwei Bücher in die Hand und meinte nur trocken, danach sind Sie wieder etwas sicherer, denn *ich erzählte Ihr, dass *ich schon mal sicherer war, aber nun da *ich dachte, plötzlich nichts mehr sicher war, es war so schlimm, dass *ich neben all der hausgemachten Verzweiflung auch noch die Welt-Verzweiflung mir anmasste und das war doch für ein vereinzeltes DaSein zu viel.

Sie nickte wissend mit dem Kopf und schaute etwas an mir herab und herauf und an den Regalen herab und herauf und ging hin und her und griff dann bejahend und nickend in die Regale und holte zwei Bücher heraus und meinte obiges und *ich schaute die Bücher an und war platt, war sprachlos, musste mich setzen und hätte fast geweint, ist ja schon gut, *ich verrate Ihnen was Sie aus den Regalen für mich ausgesucht hatte, aber behalten Sie es bitte für-s ich, ach obwohl, Sie können es inzwischen auch weitererzählen, weiss ja eh schon fast jed-Es, das mich einigermassen kennt, also halten Sie-s ich fest, das erste Buch war »Es ist so einfach« von Richard P. Feynman.

Woher hätte *ich denn das wissen sollen, dass es so ist?
Hat mir doch vorher Kein-Es gesagt.

Und das zweite Buch war »Was ist Leben?« von Erwin Schrödinger.
Eine Blamage, dass *ich das nicht schon vorher wusste und erst so spät im esLeben in die Hände gelegt bekam, von einer Bibliothekarin, wie ein Gedicht, aber besser später als gar nicht, haben Sie das jetzt auf Gedicht gereimt, oder war das Gedicht schon zu weit wegg, na, wie dem auch sei, was für eine Aufregung mit den beiden Büchern in der Hand zur Strassenbahn gerannt und im Stehen schon angelesen, nachholen was nachzuholen ist, reinholen was fehlt, um das Schwanken der Gefühle aufzufangen, das die Fragen erregten.

Vom ersten Buch *zeige ich Ihnen einfach nur den Einband, was könnte einem verregneten Menschen besseres passieren als dieses Buch und den Menschen vorne drauf (dazu auch der aktuelle Beitrag auf der SprechLichtung, "Eine Instanz", vom 17.08.2012) und darin nur anzuschauen:
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Aber *ich habe es auch gelesen und wieder gelesen, die Ergebnisse des Lesens und weiter Denkens finden Sie ja auch inzwischen in diesen Blogs.

Das zweite Buch war aber das einflussreichere, das tiefere, das beruhigendere, die beiden Bücher waren genau die richtige Mischung, das obere war anregend und spritzig, das untere war beruhigend und langwirkender, vielleicht kommt das bei Richard P. Feynman noch, denn noch fällt es mir nicht so einfach, wie es ist, aber was noch nicht ist ...

Von dem anderen Buch möchte *ich Ihnen den Epilog einfach nicht vorenthalten, es ist eine wahre Fundgrube an Klugheit und der für mich noch nicht ganz zu greifenden Weisheit, ach wissen Sie, auch im obigen Buch ist davon etliches enthalten, warum ist das eine nur leichter, während mir das untere schwerer und deswegen bedeutender vorkommt?

Vielleicht weil es mir näher ist, weil mir auch das Erleben von Erwin Schrödinger näher ist, bin noch nicht dahinter gekommen, aber bevor *ich ins räsonieren komme, der für-m *ich so nachhaltige und befördernde Text, der Epilog eines grossartigen Buchs der Aufklärung.

Von diesem Menschen:
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Über Determinismus und Willensfreiheit

Als Belohnung für all die Mühe, die ich auf die Darlegung der rein wissen-schaftlichen Seite unseres Problems sine ira et studio verwandt habe, gestatte ich mir hier, meine eigene, notwendigerweise subjektive Ansicht über die philosophischen Schlüsse, zu denen es Anlass gibt, anzuführen.


Nach dem oben Vorgebrachten sind die raumzeitlichen {*ich schreibe: "RaumZeit", aber Sie wissen jetzt, und *ich auch, woher *ich diese Zusammenlegung habe, nach dem Lesen von Albert Einstein hatte *ich sie noch nicht} Abläufe im Körper eines Lebewesens, die seiner Geistestätigkeit und seinen bewusst oder sonstwie ausgeführten Handlungen entsprechen, wenn nicht strikt deterministischer, so doch statistisch-deterministischer Art (auch in Anbetracht ihrer komplexen Struktur und der allgemein anerkannten Deutung der physikalischen Chemie). Dem Physiker gegenüber möchte ich betonen, dass nach meiner Ansicht, die allerdings verschiedentlich nicht geteilt wird, die Unbestimmtheit der Quanten bei diesen Vorgängen keine biologisch wesentliche Rolle spielt, ausgenommen vielleicht durch Steigerung des Zufallscharakters von Vorgängen wie der Reifeteilung, der natürlichen und der durch Röntgenstrahlen hervorgerufenen Mutation usw. – und das ist sowieso unbestritten. 

Wir wollen diese Behauptung zunächst einmal als feststehende Tatsache betrachten, wie es wohl jeder unvoreingenommene Biologe tun würde, wenn nicht das wohlbekannte unangenehme Gefühl da wäre, das entsteht, wenn man »sich selber als bloßen Mechanismus erklären« soll. Man hat nämlich den Eindruck, dass sie der Willensfreiheit, die durch die unmittelbare innere Erfahrung verbürgt ist, widerspricht. 

Unmittelbare Erfahrungen aber, so verschieden und ungleichartig sie auch sein mögen, können sich logischerweise gar nicht widersprechen. Wir wollen daher versuchen, ob wir nicht aus den folgenden beiden Prämissen den richtigen, widerspruchslosen Schluß ziehen können: 
1. Mein Körper funktioniert als reiner Mechanismus in Übereinstimmung mit den Naturgesetzen. 
2. Doch weiss ich auf Grund unbestreitbarer unmittelbarer Erfahrung, dass ich seine Bewegungen leite und deren Folgen voraussehe, die entscheidend und höchst bedeutsam sein können; in diesem Falle empfinde und übernehme ich die volle Verantwortung für sie. {Da war und ist Herr Schrödinger aber ziemlich alleine, ohh!, verzeihen Sie diesen Ausfall eines Eindrucks, aber manchmal muss das einfach mal raus, so mitten in der Krise, ach ...}
Die einzig mögliche Folgerung aus diesen zwei Tatsachen ist die folgende: Ich – Ich im weitesten Sinne des Wortes, d.h. jedes bewusst denkende geistige Wesen, das sich als »Ich« 
bezeichnet oder empfunden hat – ist die Person, sofern es überhaupt eine gibt, welche die »Bewegung der Atome« in Übereinstimmung mit den Naturgesetzen leitet. 
Wenn man einem Kulturkreis angehört, in dem gewisse Begriffe, die bei anderen Völkern einen weiteren Sinn hatten oder haben, eingeengt und spezialisiert worden sind, ist es gewagt, diesen Schluss in so einfachen Worten auszudrücken, wie es die Sache erfordert. Es klingt gotteslästerlich und wahnsinnig, wenn man sich der christlichen Ausdrucksweise bedient und erklärt: »Also bin ich der Liebe Gott.« {Kaum hatte also Eines hier behauptet ein Selbst zu sein, einfach ein blosses nacktes kleines Selbst zu sein, schon war Es Gottgleich, so enorm eng war das Gottesbild hier, so klein war der (das?) Gott hier, deshalb konnte auch [k]einer wie Adolf Hitler das Selbst von so VIELEN sein, weil die kaum Eines waren, ein klares ich, klein aber fein, Nein, ein Wille, ein Volk, ein Führer, Gott, und für die Fremden war dieser Gott der Teufel, so ist der Teufel immer der Gott der anderen, der Fremde; kennen Sie Siegmund Freud, klar, ist also auch eine Gesellschaft therapierbar oder sind es nur Einzelne?} Setzen wir uns aber für den Augenblick darüber hinweg und überlegen wir uns, ob die obige Folgerung nicht einem biologischen Beweise Gottes und der Unsterblichkeit zugleich am nächsten kommt. 
An sich ist die Einsicht nicht neu. Die frühesten Aufzeichnungen datieren meines Wissens mindestens 2500 Jahre zurück. Seit den frühen großen Upanischaden betrachtet die indische Philosophie die Gleichsetzung Atman = Brahman (das persönliche Selbst ist dem allgegenwärtigen, alles umfassenden ewigen Selbst gleich) keineswegs als Gotteslästerung, sondern ganz im Gegenteil als die tiefste Einsicht in das Weltgeschehen. Das Streben aller Vedânta-Schüler war, kaum dass ihre Lippen Worte zu formen vermochten, darauf gerichtet, sich diesen grössten aller Gedanken wirklich einzuverleiben. 
Auch die Mystiker vieler Jahrhunderte haben unabhängig voneinander und doch in vollkommener Harmonie (den Partikeln eines Idealgases vergleichbar) die einzigartige Erfahrung ihres Lebens in Worten beschrieben, die sich zu dem Satz verdichten lassen: Deus factus sum (»Ich bin Gott geworden«). 
Dem westlichen Denken ist diese Vorstellung fremd geblieben, trotz Schopenhauer und andern, welche sie vertraten, und trotz aller wahrhaft Liebenden, die beim Anblick des geliebten Wesens gewahr werden, dass Denken und Freuen ihnen gemeinsam und nicht nur ähnlich oder gleichartig sind. Allerdings sind sie meist zu sehr mit ihrem Gefühlsüberschwang beschäftigt, um noch klar denken zu können – und darin sind sie den Mystikern recht ähnlich. 
Man erlaube mir einige weitere Bemerkungen. Bewusstsein wird nie in der Mehrzahl, stets nur in der Einzahl erlebt. Sogar in den pathologischen Fällen der Bewusstseins- oder Persönlichkeitsspaltung wechseln die zwei Personen, sie offenbaren sich nie gleichzeitig. In einem Traum spielen wir tatsächlich die Rollen verschiedener Personen zur gleichen Zeit, aber nicht ohne zu unterscheiden: Wir sind eine Person und handeln und sprechen als solche unmittelbar, während wir oft ungeduldig die Antworten oder die Reaktion einer anderen Person erwarten, ohne darauf zu achten, dass wir selbst ihr Reden und Handeln gerade so in der Hand haben wie unser eigenes. 
Wie entsteht überhaupt die (von den Verfassern der Upanischaden so nachdrücklich bestrittene) Vorstellung der Vielheit? Das Bewusstsein findet sich in engster Beziehung und Abhängigkeit vom physikalischen Zustand eines begrenzten Teiles des Stofflichen, des Körpers. (Man beachte die geistigen Veränderungen während der körperlichen Entwicklung in der Pubertät, beim Altern, beim Vergreisen usw., oder man denke an die Wirkungen von Fieber, Rausch, Narkose, Gehirnverletzungen usw.) Nun gibt es eine große Vielzahl gleicher Körper. Daher liegt es nahe, sich Bewusstsein oder Geist in der Mehrzahl zu denken. Wahrscheinlich teilen alle einfachen und unverbildeten Menschen diese Denkweise mit den meisten westlichen Philosophen. {Oha!}
Von da zum Erfinden von Seelen – von so vielen Seelen, wie es Leiber gibt – ist es kein weiter Schritt, und die Frage liegt nahe, ob sie sterblich sind wie der Leib oder ob sie unsterblich und eines Eigendaseins fähig sind. Die erste Möglichkeit will uns nicht recht eingehen, während die zweite die Tatsachen, auf welche sich die Hypothese von der Vielfalt stützt, einfach vergisst, übersieht oder verleugnet. Aber es sind schon viel einfältigere Fragen aufgeworfen worden: Haben auch die Tiere Seelen? {Ja.} Man hat sogar gefragt, ob auch die Frauen oder nur die Männer eine Seele besitzen. 
Folgerungen dieser Art erschüttern, auch wenn sie nur zögernd gezogen werden, das Vertrauen in die Vielheitshypothese, die allen offiziellen westlichen Glaubensbekenntnissen gemeinsam ist. Verfahren wir nicht noch viel unsinniger, wenn wir zwar ihren groben Aberglauben ausmerzen, aber doch ihre naive Vorstellung von der Vielheit der Seelen behalten und ihr durch die Erklärung »beikommen« wollen, dass auch die Seelen vergänglich seien und mit ihren Leibern zugrunde gingen? 
Uns bleibt nur eines übrig: wir müssen uns an die unmittelbare Erfahrung halten, dass das Bewusstsein ein Singular ist, dessen Plural wir nicht kennen; dass nur eines wirklich ist und das, was eine Mehrzahl zu sein scheint, nur eine durch Täuschung (das indische Maja) entstandene Vielfalt von verschiedenen Erscheinungsformen dieses Einen ist. Die gleiche Illusion entsteht in einer Spiegelgalerie, und in der gleichen Weise stellten sich der Gaurisankar und der Mt. Everest als ein und derselbe, aber von verschiedenen Tälern aus gesehene Gipfel heraus. Nun haben wir allerdings den Kopf voll toller Gespenstergeschichten, die uns daran hindern, eine so einfache Lösung anzuerkennen. Man sagt mir zum Beispiel, ich könne den Baum da draussen vor meinem Fenster gar nicht wirklich sehen. Durch einen listigen Trick (der erst in seinen verhältnismäßig einfachen Anfangsstadien erforscht sei) werfe der wirkliche Baum ein Bild seiner selbst auf mein Bewusstsein und meine Wahrnehmung betreffe nur dieses Bild. Wenn ein anderer an meiner Seite stehe und den gleichen Baum ansehe, so werde dieser ebenfalls sein Bild auf dessen Seele werfen. Ich sehe meinen Baum und er sieht seinen (dem meinen bemerkenswert ähnlichen Baum, und was der Baum eigentlich an sich ist, wissen wir nicht. Für diese Überspanntheit ist Kant verantwortlich. Sobald man aber das Bewusstsein als ein singulare tantum betrachtet, wird die Kantische Betrachtungsweise passenderweise durch die Feststellung ersetzt, dass offensichtlich nur ein Baum dasteht und all der Bilderzauber eine Spiegelfechterei ist. 
Und doch haben wir alle den unbestreitbaren Eindruck, dass die Gesamtheit unserer persönlichen Erfahrungen und Erinnerungen eine Einheit bildet, die von derjenigen irgendeiner anderen Person durchaus verschieden ist. Wir nennen diese Einheit unser »Ich«. Was ist dieses »Ich«? 
Bei näherem Zusehen wird es sich meines Erachtens herausstellen, dass es etwas mehr ist, als nur eine Anhäufung einzelner Gegebenheiten (Erfahrungen und Erinnerungen), nämlich sozusagen die Leinwand, auf welcher diese festgehalten sind. Und man wird bei eingehender Selbstprüfung gewahr werden, dass das, was man wirklich unter dem »Ich« versteht, eben jener Grundstoff ist, auf dem sie gesamthaft aufgetragen sind. Es kann geschehen, dass man in ein fernes Land verschlagen wird und alle Freunde aus den Augen verliert und fast vergisst; man wird neue Freunde gewinnen und sein Leben mit diesen ebenso intensiv teilen wie zuvor mit den alten. Die Erinnerung an das frühere Leben verliert im neuen Leben immer mehr an Bedeutung. Man mag dazu kommen, vom »Jüngling, der ich war«, in der dritten Person zu sprechen, und wahrscheinlich steht einem der Held des Romans, den man gerade liest, näher, jedenfalls scheint er einem viel lebendiger und vertrauter. Und doch liegt kein Bruch, kein Todesfall dazwischen. Und selbst wenn es einem geschickten Hypnotiseur gelingen sollte, alle früheren Erinnerungen in einem Menschen auszulöschen, so würde man doch nicht feststellen, dass er ihn getötet hat. In keinem Fall ist hier ein Verlust persönlichen Daseins zu beklagen. 
Und das wird auch nie der Fall sein.
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Immer wieder ein Gewinn, diese beiden Bücher zu lesen und für mich auch zu erkennen, in welches Gespräch *ich eingebettet bin, in ein Gespräch, das schon so lange läuft wie das DaSein ist.

Und dass *ich bis heute vielleicht nur bereits gesprochenes wiederhole ohne etwas Neues beigetragen zu haben, aber das ist der Anspruch, auch ein neues Wort zu [er]finden, einen neuen Satz zu bauen, der Uns gefällt oder für Uns sogar bedeutend ist, aber so weit bin Oliver-August Lützenich noch nich.

Aber was noch n*ich ist kann ja noch, das ist gewiss.
Sie lesen meine Texte hoffe *ich immer auch mit einem Lächeln, auch wenn sie ernst gemeint sind, so ist in jedem Text auch immer der Schalk verborgen, dann erträgt der Ernst das besser, dass er Ernst ist, ist doch so.
Danke.

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