Freitag, 3. August 2012

FRLEUIDE an der Wirklichkeit

Dieser Beitrag ist ein wenig auch die Fortsetzung meines Beitrags: "Von der Tarnung der Wirklichkeit", aus dem Juli 2012, Foto und Links zum Autor finden Sie dort.

Ein wenig, weil die "Tarnung ..." eine andere Richtung nahm, als dieser Beitrag, obwohl auch die "Tarnung ..." mit einem umfangreichen Zitat von Jean Améry begann, so ist dieser Beitrag mehr dem Thema: vom ÜberGewicht des Glauben, gewidmet.Aber auch das ist nur ein weiterer Versuch der Wirklichkeit mehr Aufmerksamkeit zu schenken.

Das Schenken ist ein Akt der FREUDE und Sie wissen, dieser Akt ist in unserer EsLebendigkeit nur wenigen Tagen und nur wenigen Lebewesen vorbehalten, da sei das LEID vor.

Die FREUDE würde gerne der EsLebendigkeit, darin auch uns Menschen, mehr Wirklichkeit schenken, allein, der Glaube, eine Wirkung des LEID, wehrt dieses Geschenk bis Heute tapfer in den [Aller-]Meisten ab; nur wenige nehmen die Geschenke der FREUDE zaghaft, dann aber beglückt an, aber bis Heute hat das LEID das letzte Wort, da kann die FREUDE noch nichts machen, LEIDer.

Seien die Leses gewiss, dass auch *ich gehörige Schwierigkeiten mit gross geschriebenen Kategorien habe, deshalb ist die Kategorie für m*ich auch keine Schublade oder sonst eine fester begrenzte (abgeschlossene) Einheit oder Bereich, sondern das, was *ich hier in der Wirklichkeit nur vorfinde, stets durchlässiges, stets fast fliessendes, immer Offenheit, mal weniger, mal mehr. So ist auch das FREUDE und das LEID ineinander und miteinander verbunden. Und zwar so, wie *ich das bisher esLebt und esLitten habe, in AllEs und All-Es.
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Eine bevorzugte Buchquelle.
Bergmann Ecke Nostizstr.
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Ich mag den Text von Jean Améry sehr, er hat m*ich inspiriert und weitergetragen auf einer Suche nach mehr FREUDE als LEID, was *ich inzwischen daran etwas anders bewerte, habe *ich wieder in diese {Klammern} gesetzt.
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Jean Améry, »Jenseits von Schuld und Sühne. Bewältigungsversuch eines Überwältigten«
Erschienen bei Klett-Cotta, fünfte Ausgabe, 2004, Seite 33 - 38.
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An dieser Stelle ist nun freilich einzuhalten und in Parenthese zu sprechen vom religiösen sowie vom politisch-ideologisch fixierten Häftling, dessen Position wesentlich amders war als die des humanistisch-intellektuellen.
Ein paar persönliche Bekenntnisworte zuvor: Ich habe als Agnostiker {Das ist die erste Hürde, über die ein SprachPhilosoph hüpfen muss, denn A-Gnosis heisst "nicht-wissen", das würde bedeuten, dass das Gläubige weiss und das Nicht-Gläubige nicht weiss, nicht "nichts" weiss. Von was weiss das Gläubige und was weiss das "un"-Gäubige nicht? Da *ich vom reinen Glauben abgerückt bin, aber auch kein Agnostiker bin, weil *ich weiss; und auch kein Atheist bin, weil *ich schlichtwegg nicht weiss, ob es keinen Gott gibt, was bin Oliver-August Lützenich dann? Brauche ich überhaupt so ein Ettikett, brauchen Sie das draussen eines für-s ich oder auch für-m *ich?} die Gefängnisse und Konzentrationslager betreten und habe das Inferno, am 15. April 1945, von den Briten in Bergen-Belsen befreit, als Agnostiker wieder verlassen. Zu keiner Stunde konnte ich in mir die Möglichkeit des Glaubens entdecken, auch nicht, als ich gefesselt in der Einzelzelle lag, wissend, dass auf meinen Akt der Vermerk »Zersetzung der Wehrkraft« stand und ich darum ständig gewärtig war, zur Hinrichtung abgeholt zu werden. Ich war auch niemals verbindlicher und verbundener Anhänger einer bestimmten politischen Ideologie. Gleichwohl muss ich gestehen, dass ich sowohl für die religiösen als auch für die politisch engagierten Kameraden grosse Bewunderung empfand und empfinde. Sie waren in unserem hier angenommenen Sinne »geistig«, oder sie waren es nicht, das spielte keine Rolle. So oder so war ihnen ihr politischer oder religiöser Glaube in den entscheidenden Momenten eine unschäzbare Hilfe, während wir skeptisch-humanistischen Intellektuellen vergebens unsere literarischen, philosophischen, künstlerische Hausgötter {Götter? Heilige? Was den Glauben "nur" verdrängt, wird dem Glauben nicht gerecht und dem Wissen nicht gewahr, das ist *meine bescheidene Meinung: Wörter!, so bedeutend!} anriefen. Sie mochten militante Marxisten sein, sektiererische Bibelforscher, praktizierende Katholiken, sie mochten hochgebildete Nationalökonomen und Theologen sein oder wenig belesene Arbeiter und Bauern: ihr Glaube oder ihre Ideologie gab ihnen jenen festen Punkt in der Welt, von dem aus sie geistig den SS-Staat aus den Angeln hoben. Sie lasen unter unausdenkbar schwierigen Umständen die Messe, und sie fasteten als  orthodoxe Juden am Versöhnungstag, wiewohl sie ohnehin das ganze Jahr im Zustand wütenden Hungers lebten. Sie diskutierten marxistisch über die Zukunft Europas, oder sie sagten nur beharrlich: Die Sowjetunion wird und muss siegen. Sie überstanden besser oder starben würdiger als ihre vielfach unendlich gebildeteren und im exakten Denken geübteren nichtgläubigen beziehungsweise unpolitischen intellektuellen Kameraden. Noch sehe ich den jungen polnischen Priester vor mir, der keiner von mir beherrschten lebenden Sprache mächtig war und mir darum in lateinisch von seinem Glauben sprach »Voluntas hominis it ad malum«, sagte er und blickte bekümmert auf einen eben vorübergehenden gefürchteten Schläger-Kapo. »Aber Gottes Güte ist unermesslich und darum wird sie triumphieren.« Die religiös und politisch gebundenen Kameraden waren nicht oder nur wenig erstaunt, dass im  Lager das Unvorstellbare (zum) Ereignis wurde. Der Mensch, der sich von Gott abgewendet hatte, musste dahin kommen, dass er die Auschwitz-Greuel verübte und erlitt, sagten die frommen Christen und Juden. Notwendig muss der in sein letztes, das faschistische Stadium eingetretene Kapitalismus zum Menschenschlächter werden, sagten die Marxisten. Hier geschah nichts Unerhörtes, nur das, was sie, die ideologisch geschulten oder gottesgläubigen Männer, immer schon erwartet oder zumindest für möglich gehalten hatten. {Da taucht doch in *mir die Frage auf: Inwieweit war das Dritte Reich auch eine Selffullfilling Prophecy? Mensch kann einen Zustand ja auch geradezu heraufbeschwören, einen Maximalzustand, um sich dann (damit) von einer grossen Angst/Bedrückung, einer Verfestigung im Handeln oder einer Beziehung, in einer Art Katharsis zu befreien? War das Dritte Reich eine Europäische Katharsis? Die in Deutschland und Polen, also etwa in der Mitte, ihren Gipfel- und Tiefpunkt hatte?} Der präsenten Realität, mit der sie beide, Christen und Marxisten draussen schon grosszügig verfahren waren, standen sie auch hier mit zugleich imponierender und konsternierender Distanz gegenüber. Sowieso war ihr Reich nicht das Hier und Heute, sondern das Morgen und das Irgendwo: das chiliastisch überstrahlte, sehr ferne Morgen des Christen oder das utopisch-irdische des Marxisten. Der Zugriff der Greuel-Wirklichkeit war dort schwächer, wo von jeher die Wirklichkeit in ein unverrückbares geistiges Schema gespannt gewesen war. Der Hunger war nicht Hunger schlechthin, sondern notwendige Folge der Gottesleugnung oder der kapitalistischen Fäulnis. Prügel oder Gastod waren das erneuerte Leiden des Herrn oder das selbstverständliche politische Martyrium: So hatten die Urchristen gelitten und so die geschundenen Bauern im deutschen Bauernkrieg. Jeder Christ war ein Sankt Sebastian, jeder Marxist ein Thomas Münzer. {Ja, das LEIDen steckt fest in Uns, Wir sind stets bereit dafür, ja, Wir erwarten es in Hülle und Fülle und Wir sind GEPRÄGTE Wesen, in Uns stecken JahrMillionen der Prägung und erst recht die JahrZehntausende der menschlichen Vergangenheit, Was das verleugnet oder auch nur nicht wahrhaben möchte ist blindlings, taub und bewusst-los. Was glaubt, es braucht für-s ich nur die persönliche kleine Lebensspanne zu bedenken, fühlt nur DUMPFHEIT, DasJenige fehlt jedes Feingefühl und jeder Weitblick. Was die heutigen Krisen (im "zivilisierten" Bereich der Erde), die zugegebenermassen weitaus weniger brutal sind, als die hier geschilderten Greuel im Dritten Reich, nicht auch in Verbindung mit aller Vergangenheit stellt, wird nie zu einer (Auf-)Klärung und darauf auch zu einer Zunahme der FREUDE beitragen. Verzeihen Sie die Ungeduld in den Worten, aber es ist längst RaumZeit dafür.}
Uns, die skeptisch-humanistischen Intellektuellen, verachteten beide, Christen und Marxisten, die ersten milde, die zweiten ungeduldig und unwirsch. Es gab Stunden im Lager, in denen ich mich fragte, ob die Verachtung nicht zu Recht bestehe. Nicht etwa, dass ich für mich den politischen oder religiösen Glauben gewünscht, ja auch nur für möglich gehalten hätte. Ich wollte gar nichts wissen von der Glaubensgnade, die für mich keine war, noch von einer Ideologie, deren Irrtümer und Fehlschlüsse ich durchschaut zu haben meinte. Ich wollte nicht gehören zu ihnen, den gläubigen Kameraden, aber ich hätte mir gewünscht, zu sein wie sie, unerschütterlich, ruhig, stark. Was ich damals zu begreifen glaubte, erscheint mir immer noch als Gewissheit: Der im weitesten Sinne gläubige Mensch, sei sein Glaube ein metaphysischer oder ein immanenzgebundener, überschreitet sich selbst. Er ist nicht mehr der Gefangene seiner Individualität, sondern gehört einem geistigen Kontinuum an, das nirgends, auch in Auschwitz nicht, unterbrochen wird. Er ist zugleich wirklichkeitsfremder und wirklichkeitsnäher, als der Glaubenslose. Wirklichkeitsfremder, da er doch in seiner finalistischen Grundhaltung die gegebenen Realitätsinhalte links liegen lässt und seine Augen auf eine nähere oder fernere Zukunft fixiert; wirklichkeitsnäher aber, weil er sich aus eben diesem Grunde von den ihn umgebenden Tatbeständen nicht überwältigen lässt und darum seinerseits kraftvoll auf sie einwirken kann. {Das sind doch die Worte auch für den momentanen Umgang mit all den Krisen, die die europäische und auch aussereuropäische Menschheit schütteln, oder? Also doch Glauben und Ideologen? Nein. Weil Mensch um deren Ursachen und deren Verlauf inzwischen weiss und keine Auslieferung daran, mehr geschehen lassen muss.} Dem glaubensfreien Menschen ist die Wirklichkeit im schlimmsten Falle eine Gewalt, der er sich überlässt, im günstigsten ist sie ihm Material für die Analyse. Dem Gläubigen ist sie Ton, den er formt, Aufgabe, die er löst.
Dass es im Lager zwischen beiden Charaktere, dem gläubigen und dem ungläubigen, ebensowenig eine tiefere Verständigung geben konnte wie draussen, braucht kaum gesagt zu werden. Religiös und politisch gäubige Kameraden gingen über uns andere hinwegg, sei es in Duldung und Hilfsbereitschaft, sei es im Zorn. »Eines musst du doch einsehen«, sagte mir einmal ein gläubiger Jude, »dass eure Intelligenz und eure Bildung hier wertlos sind. Ich aber habe die Gewissheit, dass unser Gott uns rächen wird.« {eine späte Rache für das DaSein in Auslieferung und/oder der Duldung des LEIDens. Was für eine (un-Selbst-ständige) Haltung im DaSein ist das!? Aber den Meisten genügt das, sie "erziehen" weiterhin die Nachkommen in dieser Prägung der Natur (Wo bleibt dabei nur der Anspruch der FREUDE?). Frohe Aussichten sind bestenfalls eine kleinere Erleichterung des alltäglichen (Leidens-)Kampfes, das für die Meisten die Lebendigkeit ist. Syrien, Kongo, Sudan, Afghanistan, Irak, Iran, Israel und Palästina, den vielen Armen und Abgehängten in den USA und EU ..., wo immer Sie hinspüren ist bestenfalls ÜbesLeben, das ist natürlich, völlig natürlich, vorwurfsfrei, aber Was ein wenig mehr weiss, erkennt längst, dass Wir diesen ÜbesLebens-K[r]ampf beenden können, aber das LEID hat bisher noch stets über die FREUDE triumphiert!} Ein deutscher, schon 1933 ins Lager geworfener linksradikaler Kamerad  sagte kerniger: »Da sitzt ihr nun, ihr bürgerlichen Klugscheisser, und zittert vor der SS. Wir zittern nicht, und wenn wir hier auch elend verrecken, so wissen wir doch, dass nach uns die Genossen die ganze Bande an die Wand stellen werden.« beide überschritten sich selbst und projizierten sich in die Zukunft. Sie waren keine fensterlosen Monaden, sondern standen offen, weit offen auf eine Welt hin, die nicht die Welt von Auschwitz war. {Ja, ich war auch so einer, - bin so einer, was bleibt mir übrig -, der alle FREUDE nur in die Zukunft verlegte, weil Mensch konnte ja sowieso nichts machen, gegen das überwiegende LEID in der Lebendigkeit. Das ist unsere Prägung. Wir sind sogar im Reichtum und Überfluss Leidende, warum?, weil neben dem Reichtum und Überfluss Milliarden andere darben, in Armut und UnBildung, - die Mehrheit! - und es gibt nur diese eine EsLebens-RaumZeit für Uns ALLE, also kann die Minderheit nicht die Fülle geniessen, ohne beständig vom Mangel bestürmt zu sein. Eine Erkenntnis, die Uns bei all der Leidens-Prägung überhaupt nicht interessiert, weil Wir zwanghaft LEIDen müssen, ist, das genug für ALLE längst vorhanden ist und auch die Technik und der Organisations-Verstand vorhanden ist, es zu verteilen, aber der Glaube, die Triebe, im Verbund mit den Ideologien (auch der Kapitalismus ist so eine, bitte nicht vergessen) wollen Begrenzung im Jetzt und versprechen Freiheit im Jenseits. Nur, was wissen Wir vom Jenseits? Doch nur das, was Wir glauben, oder? Was wissen Wir von einer Zukunft? Doch nur das, was Wir nicht wissen, oder? Warum also nicht das Jetzt, das Hier und Heute anders und für ALLE besser und angenehmer gestalten, mit All dem was bereits vorhanden ist, statt, wie bisher - statt, wie immer -, die FREUDE hinauszuschieben ins Jenseits, um dem LEID GERECHT zu werden. Aber Sie wissen, auf die Klugheit pfeifft das LEID, und die Weisheit kann ES deshalb nicht empfinden, also bleibt vorerst alles, wie es immer schon war, nur nicht mehr so brutal und unbeachtet, wie noch vor kurzem, also weiter im Text:}
Die glaubenslosen Intellektuellen waren beeindruckt von dieser Haltung, das ist sicher. Es sind mir aber nur verschwindend wenige Fälle von Konversion bekannt. Der skeptische geistige Mensch wurde nur in Ausnahmefällen durch das grossartige Beispiel der Kameraden zum Christen oder zum marxistischen Engagé. Meist kehrte er sich ab und sagte sich: Eine bewundernswerte und rettende Illusion, aber eine Illusion nun eben doch. Gelegentlich rebellierte er auch wütend gegen den Wissensanspruch der glaubenden Kameraden. Das Wort von der unerschöpflichen Gottesgüte erschien ihm dann als Skandal, angesichts der Gegenwart eines sogenannten Lagerältesten, eines mächtig gewachsenen deutschen Berufsverbrechers, von dem man wusste, dass er einige Häftlinge buchstäblich zertreten hatte. Desgleichen betrachtete er es als eine empörende Beschränktheit, wenn die Marxisten unbeirrbar die SS als die Schutztruppe der Bourgeoisie und das Lager als normale Frucht des Kapitalismus bezeichneten, wo doch jeder Vollsinnige einsehen musste, dass Auschwitz nichts mit Kapitalismus oder irgendeiner beliebigen Wirtschaftsform zu tun hatte, sondern die wirklichkeitgewordenen Ausgeburt kranker Hirne und pervertierter Emotionalorganismen war. {Dem möchte *ich jetzt widersprechen, *ich tat es in den vorigen Einfügungen schon, aber an dieser Stelle muss *ich schweigen, denn, wenn *ich in Auschwitz gewesen wäre, wer weiss, was *ich danach noch so alles geschrieben hätte. Also meine Hochachtung für Jean Améry!} Man konnte die gläubigen Kameraden achten und dennoch mehr als einmal kopfschüttelnd vor sich hinmurmeln: Wahn, welch ein Wahn! Kleinlaut aber wurden die Intellektuellen, und kein Argument fanden sie, wenn ihnen die anderen, wie oben beschrieben, die Gegenstandslosigkeit der Werte des Geistes vorhielten. {Und dass das immer noch anhält, können Sie an der Höhe der Ausgaben einer Gesellschaft für Bildung, Kunst und Wissenserwerb und -weitergabe ermessen, im Vergleich zu den Ausgaben für den Schutz von Eigentum und den Aufwand für Geheimdienste und Militär und sonstige Abstandhalter und Verbindungs-Verweigerungen in Unser Aller mit-Einander. Es ist zwar etwas besser geworden, aber nur im Promillebereich, wo Mensch doch mindestens mit Prozenten protzen könnte und sollte.} Und damit schliesse ich die Parenthese, komme zurück zur Rolle des Geistes in Auschwitz und wiederhole deutlich, was ich schon sagte: Es half der Geist, sofern er sich nicht an religiösem oder politischem Glauben hinaufrankte, nichts oder so gut wie nichts. Er liess uns allein. Er entwich uns immer wieder dort, wo es um die Dinge ging, die man einst die »letzten« genannt hat.
Wie etwa stand in Auschwitz der geistige Mensch zum Tode? Ein weites, unübersichtliches Feld, das hier nur flüchtig und im Geschwindschritt ausgemessen werden kann! Ich darf wohl als bekannt voraussetzen, dass der Lagerhäftling nicht Tür an Tür, sondern im selben Raum mit dem Tode lebte. Der Tod war allgegenwärtig, Die Selektionen für die Gaskammern fanden in regelmässigen Abständen statt. Für ein Nichts wurden Häftlinge am Appellplatz gehängt, und ihre Kameraden mussten, Augen rechts!, zu flotter Marschmusik an den vom Galgen baumelnden Körpern vorbeidefilieren. Es wurde in Massen gestorben, am Arbeitsplatz, im Krankenbau, im Bunker, im Block. Ich erinnere mich an Zeiten, in denen ich achtlos über aufgehäufte Leichen stieg und wir alle zu schwach und gleichgültig waren, um die Verstorbenen auch nur aus der Baracke hinaus ins Freie zu schleppen. Aber all dies ist, wie gesagt, bekannt bis zum Überdruss, gehört ins Gebiet der eingangs erwähnten Greuel, von denen ausführlich zu sprechen man mir wohlmeinend abgeraten hat.
Ende Auszug. Oliver-August Lützenich tue es trotzdem, so oft ich das Gefühl bin, dass es notwendig ist und das ist es immer noch. LEIDer.

Längst haben Sie bemerkt, dass mir falsche Vorstellungen fast so ein Greuel sind, wie es Misshandlungen, Quälereien und Torturen sind, wie Auschwitz eine war, denn *ich bin inzwischen ziemlich gewiss, dass falsche Vorstellungen diese Misshandlungen und Torturen begünstigen, und wenn sie in Leidens-Erwartungen münden, sogar zwangsläufig in solche führen.

Also arbeite *ich fortwährend daran, diese Vorstellungen und Erwartungen in *mir zu finden, sie auf den Wahrheits- und vor allem Wirklichkeitsgehalt zu prüfen und die falschen, die leidensführenden, die Selbst- und Andere-quälenden zu isolieren und zu heilen.

Das bedeutet tägliche disziplinierte Gedanken-Arbeit und die Bereitschaft so viel, wie für ein kleines Mensch, wie m*ich, schaffbar ist, an Ergebnissen und Ereignissen der Aktualität (Informationen) einzunehmen. Die Aufnahme-Kapazität in mir, also auch in allen anderen Menschen wäre RIESIG, ENORM, GIGANTISCH, aber ..., Sie wissen, es gibt fast stets ein Aber, aber die Engstelle des Glaubens und der Vergangenheit behindert stets die freie Einfahrt; und wenn es dann mal drinn ist, werde *ich oft genug am Zugriff auf das Wissen und an der Weite des Gefühl gehindert. So ist das noch, ich wollte das nur mal erwähnen. Gruss.
FREUDE

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